Apps für Patient:innen gibt es schon lange. Sie haben jedoch durch die DiGA, also eine registrierte digitalen Gesundheitsanwendung, die verschrieben werden kann, eine deutliche Aufwertung erfahren. Gesundheits-Apps gibt es für viele Bereiche, insbesondere zur Unterstützung von Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Migräne, Diabetes, Depression, Angst. Nicht alle davon sind (bereits) DiGAs.
Die Grundüberlegung zu diesen Apps ist, dass die betroffenen Personen darüber ein Werkzeug erhalten, mit ihrer Krankheit umzugehen. Das fängt damit an, dass sie sich selbst besser kennenlernen, eigene Messwerte erheben, ihre Wahrnehmungen und Gefühle dokumentieren, dann aber auch nachschlagen können, Werte ausrechnen lassen, Empfehlungen einholen und mit der ärztlichen Praxis kommunizieren. Den Anwendungen sind letztlich keine Grenzen gesetzt, auch wenn die Kommunikation mit den Ärzt:innen noch nicht so richtig gut klappt. Das wird noch kommen.
All diese Funktionen kann man unter dem Begriff des „Disease Management“ oder „Self Management“ zusammenfassen. Die Menschen werden also in die Lage versetzt, ihre Krankheit selbst in den Griff zu bekommen – im Sinne des Patient Empowerment. Die meisten chronisch Kranken kennen diese Herangehensweise: Selbsthilfegruppen, Internetseiten und wissenschaftliche Publikationen konsultieren, Austausch mit Expert:innen – vielleicht sogar digital. Sie sind oft selbst Expert:innen in eigener Sache.
Was aber macht eine App zu einer guten App für ein „Self Management“? Diese Frage stellen sich nicht nur Hersteller. Eine aktuelle Studie zu Diabetikern, die eine App nutzen, gibt hierzu eine simple Antwort. All das, was als nützlich wahrgenommen wird, ist gut: wenn die Daten gut dargestellt werden und wenn die App eine praktische Relevanz für das tägliche Leben besitzt. Bedienerfreundlichkeit dagegen spielt nur eine untergeordnete Rolle, ebenso das mit der App verbundene Image oder die soziale Norm. Die Diabetiker entscheiden nüchtern, was für sie gut ist. Interessanterweise kommt noch eine Erkenntnis hinzu: Tagebuch-Apps werden eher als zielführend eingeschätzt als Apps mit Verhaltensregeln und Therapievorschlägen. Was auf den ersten Blick erstaunt, ist auf den zweiten durchaus erklärbar. Die chronisch kranken Menschen können häufig selbst aus ihrer eigenen Expertise heraus entscheiden, was für sie richtig ist. Sie benötigen nicht mehr eine Liste von Verhaltensregeln. Dagegen scheint es so zu sein, dass das Tagebuch mit seiner Datensammlung und den erhobenen Werten eine Art von Selbstreflexion ermöglicht, die gut ist, um eigene Entscheidungen zu treffen. Das Tagebuch und die Werte fungieren als ein tägliches Assessment und liefern die Grundlage für das eigene Verhalten. Das ist Self Management pur. Self Management heißt dann tatsächlich, die eigene Krankheit selbstständig in den Griff zu bekommen. Offensichtlich sind einfache Ratgeber und Tipps aus den Apps hierzu nicht nötig. Es wäre dann ja auch nur ein App Management und kein Self Management. Manchmal ist eben weniger mehr.
Und eine Anbindung solcher Apps an die haus- oder fachärztliche Praxis wäre dann natürlich auch sehr schön. Denn dann können die Patient:innen selbst entscheiden, wann sie Hilfe suchen.