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  • 25.09.2023

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Ausgabe 10/2023

Seite 954

Bernd Christoph Meisheit

Gesundheitsdaten sind ein wertvolles Gut. Dürfen wir sie auswerten, lernen wir mit Krankheiten besser umzugehen. Die Daten geben tiefe Einblicke in die Privatsphäre eines Patienten: Alter, Geschlecht, Vor- und Nebenerkrankungen, Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten, angewandte Therapien. Diese Daten müssen entsprechend geschützt werden. Wichtig ist aber auch, sie in anonymisierter Form Wissenschaft und Forschung zur Verfügung zu stellen. Wird dieser Datenschatz gehoben, können Therapieansätze und Behandlungsmethoden deutlich verbessert werden – zum Wohle aller Menschen.

In der Pandemie haben wir gelernt: Wir können essenziellen Bedrohungen nur schnell und effizient begegnen, wenn wir die Behandlungsinformationen in großem Umfang an Wissenschaftler weiterleiten. Gesundheitsdaten werden in der Forschung bereits ausgewertet, allerdings sind diese Daten meist auf einen kleinen Patientenkreis begrenzt. Warum aber werden die grundsätzlich in Deutschland verfügbaren Daten nur zu einem extrem geringen Anteil genutzt?

Zunächst: Nicht alle von der Forschung benötigten Daten liegen in jeder Klinik in digitaler Form vor. Im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes wird die digitale Erfassung derzeit erweitert. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Daten in einheitliche Formate überführt werden. Aktuell speist nahezu jede Praxis, jedes Medizinische Versorgungszentrum, jedes Klinikum, jede Reha-Einrichtung einen eigenen Datenpool. Die Daten eines Patienten, dessen Krankheit beispielsweise beim Hausarzt, beim Facharzt, im Krankenhaus und anschließend in einer Reha-Klinik behandelt wurde, liegen strikt getrennt voneinander vor. Sie dürfen nur bei expliziter individueller Einwilligung des jeweiligen Patienten an alle Beteiligten oder nach Maßgabe bestimmter gesetzlicher Vorgaben zusammengeführt werden. Das bedeutet: Die Chance, diese übergreifenden Daten zu nutzen, ist gering.

Doch gerade diese sektorenübergreifenden, aus der jeweiligen Behandlung gewonnenen Informationen bieten ein enormes Potenzial für Analysen komplexer Behandlungsverläufe und den daraus resultierenden Therapieerfolgen. So liegen dem Klinikarzt Informationen zum Behandlungserfolg mehrere Monate nach der Entlassung häufig nicht vor – gegebenenfalls aber dem Hausarzt, der Reha oder der Pflegeeinrichtung.

Bereits jetzt gibt es einen Datenschatz. Aber wie können wir diesen heben, „historische“ Patientendaten nutzen und für die Forschung bereitstellen? Praktisch bleibt dem einzelnen Krankenhaus derzeit wohl nur die Chance, die Patienten der vergangenen Jahre anzuschreiben und um ihre Einwilligung zu bitten. Im Falle deren Ablebens beginnt der Streit um das postmortale Persönlichkeitsrecht. Wirklich vielversprechend ist dieser Weg nicht.

Zurzeit wird das Gesundheitsdatennutzungsgesetz vielerorts diskutiert. Es hat zum Ziel, Gesundheitsdaten für Wissenschaft sowie Forschung verfügbarer zu machen und wird hoffentlich einige Hürden abräumen. Ob die im Gesetz enthaltenen Veränderungen ausreichen, zeitnah eine deutlich bessere Datengrundlage bereitzustellen, ist noch offen – darf aber stark bezweifelt werden. Es spiegelt die Wirklichkeit der aktuellen Versorgungslandschaft nur unzureichend wider. Wie schon so oft sieht das Gesetz als klassischen Leistungserbringer ein Landkrankenhaus in eigener Trägerschaft vor. Der Datenschatz eines Gesundheitsdienstleisters wie Sana mit 120 Gesundheitseinrichtungen, davon 44 Kliniken, wird dabei außer Acht gelassen. Das Gesetz ist gut gemeint, aber leider viel zu kurz gesprungen. Eine vergebene Chance.

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