Nachhaltigkeit

Es drohen Zinsaufschläge von bis zu vier Prozent

  • Finanzen
  • Management
  • 06.02.2024

f&w

Ausgabe 2/2024

Seite 162

Thomas Katzenmayer ist Vorsitzender des Vorstands der Evangelischen Bank in Kassel

Für Krankenhäuser, die Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen, drohen erhebliche Zusatzbelastungen bei der Kreditfinanzierung, warnt der Chef der Evangelischen Bank, Thomas Katzenmayer. Er fordert Ausnahmen für den Sozialbereich.

Herr Katzenmayer, Sie haben in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach davor gewarnt, dass Nachhaltigkeitsanforderungen die finanziell angespannte Lage der Krankenhäuser weiter verschärfen werden. Was ist der Hintergrund?

Die Lage der Krankenhäuser ist dramatisch. Nach wie vor leiden sie unter den Folgen der Pandemie, auch die enorm gestiegenen Energiepreise und die Inflation haben ihre Spuren hinterlassen. Die Häuser sind strukturell unter- finanziert, und es gibt neue Themen, die die Lage weiter verschärfen. Die Bankenaufsicht hat festgelegt, dass wir Nachhaltigkeitsrisiken in der Kreditvergabe, vor allem bei der Immobilienfinanzierung, stärker als bislang berücksichtigen müssen. In erster Linie geht es um das Thema CO2. Krankenhäuser sind Energiehochverbraucher mit einem entsprechenden CO2-Footprint. Das wird das Geschäft zunehmend belasten.


Podcast

Das vollständige Interview mit Thomas Katzenmeyer können Sie auch in unserer neuen Podcastfolge hören. Die schriftliche Fassung wurde im Sinn der Lesbarkeit angepasst.


Welche Belastungen kommen auf die Krankenhäuser zu?

Ein Krankenhaus, das mit seiner Immobilie das 1,5-Grad-Ziel verfehlt und nur ein 3- oder 4-Grad-Ziel erreicht, muss mit einem Risikoaufschlag von bis zu 300 bis 400 Basispunkten rechnen. Ein Zinsaufschlag von drei bis vier Prozent entspräche fast einer Verdoppelung im Vergleich zu heute. Wobei diese Rechnung derzeit noch etwas nebulös ist, weil wir noch nicht genau wissen, wie die Bankenaufsicht damit umgeht und ob diese Risiken wirklich schlagend werden. Offen ist auch, ob der Markt korrigierend eingreift, wenn so hohe Zinssätze verlangt werden. Denn wer zahlt die am Ende? Der Träger? Oder wird den Häusern etwas von ihrer ökonomischen Ausstattung weggenommen? Dann hätten wir noch schneller Insolvenzen als im Moment.

Mussten Sie bereits Kredite aufgrund der Nachhaltigkeitskriterien ablehnen?

Wir haben keine hohe Ablehnungsquote. Aber wir sehen, dass es bis zur Kreditvergabe länger dauert. Zum einen, weil Daten noch nicht vorliegen. Zum anderen aber auch, weil wir in den Gesprächen darauf hinweisen, dass die Kredite teurer werden, was dann wiederum Diskussionen etwa mit dem Kostenträger nach sich zieht.

Was raten Sie den Krankenhausgeschäftsführern?

Sie sollten sich frühzeitig, im Grunde sofort, mit der Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Die neuen Berichtspflichten oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sind Themen, bei denen Krankenhäuser am Kapitalmarkt und bei den Banken liefern müssen. Darauf müssen die Kliniken als Ganzes eingestimmt werden. Das kann nicht nur eine Abteilung allein lösen, sondern das muss das komplette Haus leben. Es fängt beim Einkauf an und endet am Bett des Patienten. Ich glaube übrigens nicht, dass die EU-Taxonomie zurückgenommen oder vereinfacht wird. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dieser Aspekt darüber entscheiden wird, welche Häuser überleben und welche auf der Strecke bleiben.

Wie lange haben Krankenhäuser dafür noch Zeit?

Für die Vorbereitung keine. Das muss sofort passieren. Es dauert in der Regel sehr, sehr lange, bis sich Erfolge einstellen.

Werden die Belange der Sozialwirtschaft bei der EU- Taxonomie ausreichend berücksichtigt?

Nein. Der Sozialbereich wurde leider vergessen oder zumindest nicht mit der Ernsthaftigkeit bearbeitet, die ihm zustünde. Hier würde uns eine andere, nicht rein ökologische Betrachtung helfen.

Was heißt das konkret?

Wir sollten nicht nur den CO2-Ausstoß als Messgröße für die Zukunftsfähigkeit des Sozialbereichs heranziehen. Im Umgang mit dem 1,5-Grad-Pfad wären Erleichterungen sinnvoll. Ein Krankenhaus als Energiehochverbraucher wird man nur mit erheblichen Mitteln energetisch fit machen können. Wir haben rund 149.000 Sozialimmobilien in Deutschland. Woher soll das Geld kommen, sie alle auf das 1,5-Grad-Ziel auszurichten? Bei der Kreditvergabe sollte die Bankenaufsicht würdigen, dass man im Sozialbereich eben nicht den gleichen Maßstab anlegen kann wie bei einem Gewerbetreibenden. Der kann bestimmte Preissteigerungen weitergeben, der Krankenhausbereich nicht.

Die Zahl der Krankenhausinsolvenzen ist zuletzt gestiegen. Wie blicken Sie als Bank auf den Gesundheitsmarkt?

Natürlich kann man sagen, dass eine Insolvenz im Einzelfall oft unausweichlich ist und den Markt bereinigt. Aber betriebswirtschaftlich ist sie immer hochproblematisch. In unserer Geschäftsstrategie für den Gesundheits- und Sozialbereich haben wir keine Veränderungen vorgenommen. Wir halten diesen Markt nach wie vor für einen gesunden Wachstumsmarkt, der natürlich strukturelle Themen aufzeigt. Aber mit Blick auf die Demografie sehen wir schon erhebliches Potenzial und Investitionen, die notwendig sind und gestemmt werden müssen. Das ist als Bank unser Kerngeschäft.


Autor

f&w führen und wirtschaften im Krankenhaus

Die Fachzeitschrift für das Management im Krankenhaus

Erscheinungsweise: monatlich

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