Im Streit um die Zahl von Behandlungsfehlern in Deutschland hat die Bundesärztekammer (BÄK) heute nachgelegt. Der AOK-Bundesverband habe vor einigen Monaten "aus rein politischen Gründen Stimmung gegen Ärztinnen und Ärzte machen wollen", klagte Andreas Crusius, Vorsitzender der BÄK-Gutachterkomission, bei der Vorstellung des BÄK-Behandlungsfehlerstatistik 2013 in Berlin. Die AOK hatte damals von 19.000 vermeidbaren Todesfällen in Deutschland gesprochen. Dazu nun Crusius: "Mit kernigen Aussagen versuchte der Kassenverband den Eindruck zu erwecken, er verfüge über belastbare Gesamtzahlen zur Behandlungsfehlerstatistik in Deutschland. In Wahrheit handelt es sich um Hochrechnungen auf Grundlage von Uraltschätzungen aus dem Ausland."
Zudem forderte Crusius, das Gesundheitswesen bei der Debatte um Behandlungsfehler als Ganzes zu betrachten. „Überlange Arbeitszeiten und ständig steigender Behandlungsdruck können zu Behandlungsfehlern führen." Die Ärzte wendeten sich gegen Renditedruck in Kliniken. „Umso bemerkenswerter ist es, dass die Zahl der festgestellten Fehler in den vergangenen Jahren weitgehend konstant geblieben und in diesem Jahr sogar gesunken ist", sagte Crusius. Gemessen an der Gesamtzahl der Behandlungsfälle liege die Zahl der Fehler im Promillebereich.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wertete die Zahlen als Beleg, dass die vielfältigen Maßnahmen der Kliniken für Patientensicherheit und zur gezielten Fehlervermeidung wirkten, forderte aber zugleich mehr personelle und investive Ressourcen. „Nur fordern reicht nicht. Patientensicherheit ist Gemeinschaftsaufgabe", sagte Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Menschlichem Versagen müsse durch Prüf- und Regelungsmechanismen samt Fehleranalysen so weit wie möglich entgegengewirkt werden, Bund und Länder müssten aber zugleich „durch Ausfinanzierung des benötigen Personals und durch die Bereitstellung von Investitionsmitteln den Kliniken zu einer Qualität und Sicherheit fördernden Infrastruktur verhelfen."
„Jeder Fehler ist einer zu viel", so Baum. Erfreulicherweise sei die Zahl der erwiesenen Behandlungsfehler aber trotz insgesamt steigender Fallzahlen zurückgegangen. Zugleich mache die Analyse der BÄK deutlich, dass nicht alles, was zunächst als Fehler eingeschätzt werde, tatsächlich auch ein Behandlungsfehler sei. Die Komplexität medizinischer Behandlungen müsse berücksichtigt werde.
Insgesamt gingen bei der Gutachterkommission und den Schlichtungsstellen im vergangenen Jahr 12.173 Anträge ein, einen Fall auf einen möglichen Fehler hin zu überprüfen. Davon betrafen 73,2 Prozent den Krankenhausbereich. Insgesamt wurde in 1.864 Fällen ein Fehler mit Kausalität bestätigt. Betroffen war dabei vor allem die Unfallchirurgie und -orthopädie. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hatte jüngst vergleichbare Zahlen veröffentlicht.