Angesichts eines Milliardendefizits in den Notaufnahmen deutscher Krankenhäuser fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ein Verhandlungsmandat mit den Krankenkassen zur Finanzierung der ambulanten Notfallversorgung sowie eine engere Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten und den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). „Die Notaufnahmen der Krankenhäuser sind vielerorts stark überlastet und absolut unterfinanziert. Sie werden immer stärker zum Lückenbüßer für die eigentlich zuständigen Bereitschaftsdienste der KVen und dabei durch die Vergütungsregelungen der KVen und Krankenkassen sowie einen zehnprozentigen gesetzlichen Investitionsabschlag auch noch diskriminiert", sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum am Dienstag in Berlin anlässlich der Präsentation eines von der DKG in Auftrag gegebenen Gutachtens der Unternehmensberatung Kestermann und der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) zur Lage der ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus, für das Daten von 55 Kliniken mit insgesamt 612.070 ambulanten Fällen analysiert wurden.
Dem Gutachten zufolge erhalten die Kliniken im Durchschnitt 32 Euro pro ambulantem Notfall, bei Kosten von mehr als 120 Euro. Angesichts von mehr als zehn Millionen ambulanten Notfällen führe das zu einem Fehlbetrag von 1 Milliarde Euro. Die Krankenhäuser müssten ein „eigenständiges Mandat" erhalten, um mit den Krankenkassen eine adäquate Vergütung für ihre ambulanten Notfallleistungen zu vereinbaren, forderte Baum. Das Problem: „Das KV-System mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an der Spitze will vom Sicherstellungsauftrag nichts abgeben", kritisierte Baum. Da für rund zwei Drittel der ambulanten Notfälle die Behandlung im Krankenhaus „unverzichtbar" sei, müssten für die Notfallbehandlung „Vergütungen entwickelt werden, die der Kosten- und Leistungsstruktur der Krankenhäuser Rechnung trägt", heißt es in dem Gutachten.
Allein im Jahr 2013 ist die Patientenzahl in den Notaufnahmen um neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, zeigt die Untersuchung. „Das niedergelassene System versagt", konstatierte Baum.
Die Gutachter empfehlen als einen weiteren Lösungsansatz eine intensivere Kooperation zwischen Krankenhäusern und KVen: „Eine stärkere Übernahme der allgemeinen Notfallbehandlungen als bisher durch die KV wäre sowohl aus medizinischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll, da für schätzungsweise rund 33 Prozent der ambulanten Notfälle die kostenintensiven Strukturen der Krankenhäuser nicht zwingend benötigt werden. Allerdings müsste für eine Entlastung der Krankenhäuser die vertragsärztliche Notfallversorgung flächendeckend und durchgehend realisiert werden und z.B. durch Kooperation mit den Krankenhäusern so organisiert werden, dass den Notfallpatienten am Ort der Vorstellung auch ein Vertragsarzt zur Verfügung steht." Die Politik habe das Problem erkannt, sagte Baum. Allerdings reichten die beabsichtigten Maßnahmen zur Vernetzung von Vertragsärzten und Kliniken in der Notfallversorgung nicht aus, um es zu lösen, kritisierte der DKG-Hauptgeschäftsführer.