Die Entscheidungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin zur Abrechnung von Notfallbehandlungen haben keine rechtliche Grundlage. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle rechtliche Prüfung der Berliner Krankenhausgesellschaft, die BibliomedManager vorliegt. Der Landesverband teilte seinen Mitgliedern heute mit, dass sich auch aus dem seit Dezember gültigen Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) entgegen der Behauptung der KV Berlin keine Änderungen ergeben. Danach bleiben die Krankenhäuser weiterhin berechtigt, jeden Notfallpatienten zu untersuchen und gegebenenfalls weiter zu behandeln. Der Brief der KV traf die Kliniken praktisch über Nacht. Am 26. Januar erhielten sie ein entsprechendes Schreiben, das BibliomedManager ebenfalls vorliegt, in dem die KV auf die angeblichen Dokumentationspflichten ab 1. Februar hinweist. Die Drohung: Bei fehlender „ausführlicher" Begründung könne künftig auch keine Abrechnung von Notfallbehandlungen erfolgen. Die KV beruft sich in ihrem Schreiben auf das Prinzip „ambulant vor stationär", das Grundlage zahlreicher Maßnahmen im neuen KHSG sei. Das sehen die Berliner Kliniken anders. Voraussetzung für eine Notfallbehandlung sei ohnehin zunächst die Klärung, ob objektiv überhaupt ein Notfall vorliegt, heißt es im Schreiben an die Krankenhäuser. Schon diese aus haftungs-und strafrechtlichen Gründen erforderliche Untersuchung sei eine ärztliche Tätigkeit, die, wie bisher, einen Vergütungsanspruch auf der Grundlage des EBM begründe. Eine zusätzliche Dokumentationspflicht für eine Abrechnung gegenüber der KV Berlin sei mit dem neuen KHSG nicht begründbar, erst recht unter der schon jetzt unzureichenden Vergütung. Zudem hätten Patienten auch gar keine andere Wahl, als sich an die Notaufnahmen zu wenden. Es gibt laut dem Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja derzeit keine einzige Notfall-Praxis der KV für Erwachsene in Berlin. Darauf hat Czaja in einer kurzfristigen Mitteilung zur Unterstützung der Kliniken hingewiesen. „Der Vorstoß der Kassenärztlichen Vereinigung […] ist falsch", so Czaja. Im Notfall habe jeder Patienten das gesetzlich garantierte Recht, sich an den vom ihm gewählten Arzt zu wenden. Ob es sich um einen Notfall handele, könnte nur der Patient selbst entscheiden. Gesundheitssenator Czaja kündigte eine aufsichtsrechtliche Prüfung unter Einbeziehung des Bundesgesundheitsministeriums an. „Wegen 35 Euro Notfallentgelt bei 1,2 Millionen Patienten pro Jahr eine solche Bürokratie einzuführen, ist unverantwortlich."
