Durch Personalmangel und demografischen Wandel hat die Leistungsverdichtung in der operativen Medizin bedenkliche Ausmaße erreicht. „Darunter leiden Patienten, aber auch Mitarbeiter", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Tim Pohlemann, heute in Berlin. Deshalb fordert der Chirurgenverband nun mehr Zeit für die Patientenbetreuung am Krankenbett.
„Chirurgen brauchen mehr Freiheiten", fordert der DGCH-Präsident. Sie müssten in Abläufe und Prozesse eingreifen und sie nach medizinischen Erfordernissen gestalten können. „Diese Voraussetzungen gilt es zu schaffen – im Zweifel mit weniger, dafür aber gut ausgestatteten Kliniken", so Pohlemann.
Pflege und Klinikärzte arbeiten derzeit am Limit, so die Argumentation der DGCH. Operationszeiten seien eng getaktet, alle 24 Stunden finde aufgrund des Arbeitszeitgesetzes ein Schichtwechsel statt. Dazu kämen Dokumentationspflichten und Controlling-Vorgaben, die nicht zur Behandlungsqualität beitragen würden.
Die Folge: Die Aufklärung des Patienten erfolgt laut DGCH zwar immer formal korrekt einen Tag vor dem Eingriff, häufig jedoch durch einen Arzt, der bei der Operation gar nicht anwesend ist. Damit fehle nicht selten Zeit für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, das in der Chirurgie von zentraler Bedeutung sei. „Das gilt auch für den Operateur, der während einer Operation häufig körperliche und psychische Höchstleistungen erbringen muss", sagte Pohlemann. Das führe zu Frustration, Demotivation und letztlich Abwanderung.