Deutschlands größter Krankenhausbetreiber Helios will 2020 ein neues Telemedizinangebot starten. Stefan Klemmer, Geschäftsführer von Helios Dialogue, verrät, was der Konzern plant.
Herr Klemmer, wie man hört, baut Helios derzeit eine Patienten-App für telemedizinische Anwendungen. Was machen Sie genau?
Genau genommen entwickeln wir gerade eine digitale Gesundheitsplattform mit Triage-Tool. Konkret: Der Patient startet eine App und beantwortet erste Fragen, das dauert zwischen vier und sieben Minuten. Im Hintergrund berechnet Künstliche Intelligenz (KI), welche Erkrankung vorliegen könnte – ohne diese dem Patienten mitzuteilen. Danach beginnt die Interaktion mit einem Medizinischen Fachangestellten (MFA). Dieser kann dann entscheiden: Ist es dringend, schickt er den Patienten in eine Notaufnahme. Alternativ kann er auch eine Video-Sprechstunde oder einen Termin bei einem (Fach-)Arzt in Krankenhaus oder Arztpraxis vereinbaren. Wir wollen damit bestehende Probleme in der Branche angehen, wie zum Beispiel die unnötig überfüllten Notaufnahmen oder Versorgungslücken im ländlichen Bereich. Auch kommen Patienten so schneller und unkomplizierter in Kontakt mit medizinischem Personal.
Wie groß ist der Anteil der Patienten, den sie digital behandeln wollen?
Unser Ziel ist es, den Patienten zu helfen, die von dieser Art der medizinischen Hilfe profitieren. Es gibt Erhebungen, die davon ausgehen, dass man rund 50 Prozent der Plattform-User auch online helfen kann, sodass sie nicht mehr in die „Offline-Welt“ müssen.
Wann wird das Angebot starten?
Wir planen, im Frühjahr 2020 am Markt zu sein.
Bundesweit?
Unsere digitale Gesundheitsplattform wird zunächst in Testregionen starten. Diesbezüglich stehen wir aktuell in Verhandlungen mit unseren potenziellen Partnern.
Mit wem verhandeln Sie?
Zu Beginn werden wir voraussichtlich mit Versicherungen starten, die das Produkt ihren Mitgliedern und Kunden anbieten können. Grundsätzlich sind wir aber für alle Richtungen offen. Wir sprechen auch mit Arbeitgebern, die es als Angebot für ihre Mitarbeiter erwerben.
Bauen Sie ein reines Helios-Angebot?
Nein, es wird eine offene Plattform sein. Jede Praxis, jedes MVZ und jedes Krankenhaus kann sich beteiligen. Die MFA weisen auch nicht zwingend in eine Helios-Klinik ein, sondern suchen nach der am besten geeigneten Einrichtung in der Nähe des Wohnorts des Patienten. Das kann ein Facharzt sein, aber auch ein anderes Krankenhaus. Für uns hat der Patient mit seinem medizinischen Anliegen höchste Priorität. Dafür stehen wir auch mit dem Netzwerk „Wir für Gesundheit“ (eine Helios-Tochter, Anm. d. R.) in Kontakt – nur mit unseren eigenen Einrichtungen wäre eine flächendeckende Versorgung schwieriger.
Auch Helios kämpft mit sinkenden stationären Fallzahlen. Wie wichtig ist dieses neue Angebot, um ihre Kliniken besser auszulasten?
Natürlich reagieren wir mit unserem Angebot auf die Verschiebung dahin, dass viele Behandlungen heute keinen stationären Aufenthalt mehr benötigen. Dabei denken wir mit unserem telemedizinischen Angebot aber vom Patienten her. Wir wollen primär die Patienten besser „lotsen“, nicht akquirieren. Unser Ziel ist es, dass Patienten nicht unnötig lange in Notaufnahmen sitzen – obwohl sie es nicht müssten. Hierhin gehören die wirklichen Notfälle, die sofortige medizinische Behandlung benötigen. An dieser Problemstellung arbeitet aktuell ebenfalls das Gesundheitsministerium unter Jens Spahn mit neuen Gesetzesentwürfen.
Das ausführliche Interview erscheint in der September-Ausgabe von f&w führen und wirtschaften im Krankenhaus. Abonnenten von BibliomedManager.de können den vollständigen Fachartikel bereits jetzt online lesen.