Die letzten Wochen waren herausfordernd. An Ostwestfalen ist die Pandemie zum Glück weitgehend vorbeigegangen. So langsam fahren wir nun wieder den Normalbetrieb hoch. Was mich umtreibt: Wir haben pragmatisch gehandelt, wir haben getan, was die Politik von uns wollte – aber fällt uns das kaufmännisch vor die Füße? Eine vernünftige Hochrechnung ist derzeit nicht möglich, weil wir nicht wissen, welche Entwicklung die Pandemie und damit die generelle Krankenhausversorgung dieses Jahr noch nimmt. 2019 war für uns ein gutes Jahr, auch 2020 wollten wir positiv abschließen und schienen bis Mitte März auf einem guten Weg zu sein. Stand heute wäre ich froh, wenn wir eine sichere schwarze Null schreiben würden.
In den Nebenbereichen spüren wir bereits jetzt die Ausfälle: Serviceeinnahmen, Parkgebühren, unsere Küche versorgt eigentlich Schulen und Kitas, die nun geschlossen sind. Die Pauschale von 560 Euro kann durchaus auskömmlich für ein Krankenhaus sein, deckt aber die vorgenannten Einnahmeausfälle dem Grunde nach nicht mit ab.
Wir sollten Budgetverhandlungen führen
Dieses Jahr sollen wir trotz allem Budgetverhandlungen führen. Das wird eine extrem spannende Nummer. Mein Bauchgefühl sagt mir: Wir werden am Ende ganz viel streiten und diskutieren, ob das alles nötig war. Möglicherweise werden wir Nachweise auf Patientenebene erbringen müssen, was gar nicht realistisch möglich ist, wenn man sieht wie hoch der Ressourceneinsatz bei Verdachts- oder bestätigten Fällen ist. Die Einkaufspreise schwanken teilweise tageweise, fast wie der Benzinpreis an der Tankstelle und wir müssen die Bedarfe dann decken, wenn wir von seriösen Anbietern Hilfe erhalten können.
Zwar buchen wir konkrete Mehraufwendungen auf eine extra Corona Kostenstelle, aber die üblichen Verbrauchsmaterialen können wir nicht im Detail nachhalten. Wir brauchen das Personal für die Patientenversorgung, nicht um Strichlisten über verbrauchte Materialien zu führen. Wenn ich mir aber ansehe, welche Meldepflichten wir für den Covid-19-Rettungsschirm bzw. die Beantragung der Einmalzahlung für zusätzliche Beatmungskapazitäten haben, dann lässt mich das Festhalten an starrer Bürokratie selbst in Krisenzeiten echt verzweifeln. Es wird sich zeigen, was die Versprechen der Politik am Ende des Jahres wert sind.
Ich bin weit davon entfernt, einer möglichen zweiten Welle entspannt entgegenzusehen. Dafür sind die Lieferketten zu fragil. Wenn es explodiert, kann die Versorgung sehr schnell sehr eng werden. Immerhin: Wir wissen nun, wie wir uns schnell wieder umstellen müssen, die Abläufe sind uns bekannt.
In der Pflege geht es um Grundsätzliches
Bei aller Kritik sollte man sich vor Augen führen: Wir haben ein wirklich gutes Gesundheitssystem. Alle, Kliniken wie Niedergelassene, Labore, Apotheker und Dienstleister, machen individuell einen super Job. Nach Corona wird es Zeit, über die strukturellen Probleme zu sprechen, denn hier erleben wir doch erhebliche Unterschiede in den einzelnen Sektoren bei der Herangehensweise an eine solche Pandemie. Es kann jedenfalls nicht sein, dass am Ende immer die Krankenhäuser pragmatisch die meiste Last tragen und sich dann in MD-Verfahren rechtfertigen müssen. In der Pflege ist es darüber hinaus meiner Meinung nach mit einer Pflegeprämie allein nicht getan, hier geht es um Grundsätzliches: Personelle Ausstattung, Belastung reduzieren, Verlässlichkeit bei der Dienstplanung. An diesen Dingen müssen wir arbeiten.