Zwei Jahre Corona, das Pflegebudget und die Pläne der Ampelkoaliton sind eine Zäsur für die Fallpauschalenkalkulation. Auf dem DRG-Forum gab InEK-Chef Dr. Frank Heimig einen Einblick in seine strategischen Überlegungen.
„Jetzt geht das DRG-Forum richtig los – mit Frank Heimig” – so stimmte Moderator Andreas Tecklenburg die insgesamt 1.100 Teilnehmer im Berliner Estrel Hotel (und weitere 350 mit Online-Ticket) auf den traditionellen Vortrag von Dr. Frank Heimig ein. Der Chef des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) startete sein Statement mit den umwälzenden Auswirkungen des Coronavirus auf die Krankenhausfinanzierung. „Die grundsätzliche Annahme, dass die aktuellen Kalkulationsdaten der beste Schätzer für das kommende Jahr sind, funktioniert im Grunde nicht mehr.“ Lag die Zahl der stationären Krankenhausfälle 2019 noch bei über 19 Millionen, habe sich diese Zahl in den Folgejahren 2020 und 2021 bei etwa 16,3 Millionen Fällen „stabilisiert“.
Für die Verabschiedung des DRG-Katalogs im vergangenen Jahr hatte sein Haus eine zweistufige Vorgehensweise gewählt: die klassifikatorische Anpassungen des medizinischen Fortschritts auf Basis der Daten von 2019 und die Verbesserung der Abbildung und Vergütung von Covid-19-Fällen. „Allerdings werden die Daten von 2019 auch immer älter“, gab Heimig zu bedenken.
Das Problem mit den sinkenden Fällen
Die Kostenentwicklung der Jahre 2020 und 2021 seien in vielerlei Hinsicht ähnlich gewesen, bemerkte Heimig, wobei die Fallzahlentwicklung je nach DRG sehr unterschiedlich ausgefallen sei. Bei einigen DRGs gab es einen Rückgang von 50 Prozent, bei anderen so gut wie keinen. Der Fallzahlrückgang hat Einfluss auf die Kalkulation, unterstrich der InEK-Chef: „Bei gleichen Kosten und sinkenden Fallzahlen, steigen die Kosten pro Fall.“ Außerdem gab es in den vergangenen Jahren auch bei den Sachkosten zum Teil deutliche Veränderung. Heimig nannte die Endoprothetik und interventionelle Kardiologie als Beispiele, bei denen die Sachkosten deutlich gesunken seien.
2021 seien knapp 384.000 Corona-Fälle im Krankenhaus gelandet, das waren mehr als doppelt so viele als im Vorjahr. Heimig stellte klar, dass es einen signifikanten Anteil an Leistungen gibt, die angesichts von Corona nicht ausreichend finanziert worden sind. Er machte an mehreren Stellen seines Vortrags deutlich, wie schwer es derzeit ist, auf Basis der aktuellen Daten in die Zukunft zu schauen. Ob es wieder einen Ganzjahresausgleich für 2023 geben wird, sei noch offen.
Ein Weitermachen wie bisher ist für Heimig ausgeschlossen. Für die Zukunft stellt er sich einen Katalog vor mit spezifischer Dämpfung in einzelnen Leistungsbereichen, bei denen 2023 wieder mit Fallzahlsteigerungen gerechnet wird. Das wäre der „erste Schritt in Richtung nachpandemische Zeit“. In Arbeitsgruppen wird darüber bereits diskutiert. Dieser Weg sei natürlich riskant, aber kaum abwendbar. „Wir sind jetzt in einer neuen Welt“, bekräftigte Heimig.
Gesetzgeber wünscht sich Transparenz in der Pflege
Auch dem umstrittenen Pflegebudget widmete sich der Chefkalkulator der Krankenhausvergütung. „Der Gesetzgeber wünscht sich mehr Transparenz von Pflegekosten.“ Diesen Wunsch empfindet er als seinen Auftrag. Rund 600 Krankenhäuser mussten entsprechende Daten bis zum 15. Februar 2022 ans InEK liefern. Mit der Lesbarkeit der Lieferungen war Heimig allerdings nicht immer einverstanden: „Wir haben viele eingescannte Faxe bekommen, mit dem Ergebnis, dass sie beim InEK abgetippt werden mussten. Das ist das digitale Niveau bei uns! Oft mussten unsere Mitarbeiter dann bei der Klinik anrufen und nicht leserliche Zahlen abfragen“, schimpfte der InEK-Chef.
Bezüglich der Budgetabschlüsse wies er auf die Diskrepanz in den Bundesländern hin: Während in Nordrhein-Westfalen nur 20 Prozent der Kliniken ein ausgehandeltes Budget für 2020 haben, sind es in Bayern 85 Prozent. Heimigs nüchternes Zwischenfazit zum Pflegebudget lautet: "Der große Ärger hat erst eingefangen. Wir schaffen uns gerade erst einen Überblick über die Situation."