Orientierungswert von Susanne Müller, BMVZ

Ambulante Versorgung im Regen

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Ambulante Versorgung im Regen
Susanne Müller © BMVZ

Krankenhäuser und Pflegekräfte haben sich die Dankbarkeit und Anerkennung in der Corona-Krise redlich verdient. Um so unverständlicher ist es, dass Arztpraxen und ambulante Assistenzberufe so wenig Aufmerksamkeit erfahren, kritisiert Susanne Müller vom Bundesverband MVZ.

Der Blick auf medizinische Strukturen und Berufe ist ein anderer geworden. Eine neue Dankbarkeit und Anerkennung steht plakativ im Raum – und in deren Zentrum die große Gruppe der Pflegenden sowie die Krankenhäuser und ihre Ärzte. Ohne diesen etwas zu neiden, fällt jedoch auf: Die Arbeit der Arztpraxen, Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) und MVZ – die ambulante Basis – bekommt vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit. Bei allen Reden über den steuerfreien Bonus für Pflegerinnen und Pfleger, bleiben die medizinischen Assistenzberufe, wie zum Beispiel Arzthelferinnen, MTAs und MFAs der ambulanten Versorgung komplett unberücksichtigt. 

Vielleicht bleiben sie sogar unberücksichtigt, weil dieser Bereich einfach zu gut und zu geräuschlos funktioniert. Die 160.000 angestellte und niedergelassene Mediziner und ihre 400.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen leisten schlichtweg auch in diesen Zeiten verlässlich gute Arbeit. Unter dem treffenden Titel  #Ihre Abwehrkräfte macht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) darauf aufmerksam, dass 85 Prozent aller Corona-Patienten rein ambulant betreut werden. Das trägt zu einer enormen Entlastung der Krankenhäuser bei. Hier ist noch nicht einmal die Arbeit eingerechnet, die Praxen und MVZ quasi nebenbei leisten, sprich bei Patienten, die kein Corona haben und trotzdem massiv verunsichert sind und gesteigerter medizinischer Aufklärung bedürfen. 

Das alles ist für Ärzte und ihre Praxisteams selbstverständlich und wird zusätzlich zu der "ganz normalen" medizinischen Versorgung, die ja uneingeschränkt weiterläuft, geleistet. Zwar wurden die Vertragsärzte und MVZ bereits Ende März vom Gesetzgeber mit einem Schutzschirm bedacht, der ihnen Liquidität und ein gewisses Honorarniveau sichern soll. Sicher: Die zeigt, welche Bedeutung der Gesetzgeber den ambulanten Strukturen zumisst. 

Arztpraxen können nicht kalkulieren

Aber es bleibt ein schales Gefühl. Erstens handelt es sich dabei um einen bloßen kollektiven Anspruch der Vertragsärzteschaft, der keinerlei subjektive Aussage über das, was die einzelne Praxis erwarten kann, zulässt. Zweitens erfasst der  Schutzschirm lediglich den GKV-Anteil der Einnahmen, denn die Regelung zur extrabudgetären Gesamtvergütung (EGV) ist eine bloße Kann-Option, und Honorare anderer Kostenträger bleiben gleich ganz außen vor. Drittens zieren sich die KVen (mit Ausnahme von Sachsen & Sachsen-Anhalt), hier zeitnah die nötigen regionalen Umsetzungsregeln aufzustellen, so dass es  der einzelnen Praxis trotz eines eigentlich guten Schutzschirms unmöglich ist, zu kalkulieren, wie die nächsten Monate wirklich aussehen.

Das gilt für ärztliche Einzelpraxen wie für BAG und alle Träger, die ein MVZ betreiben, gleichermaßen. Und das gilt für die Praxisteams und die zahlreichen MFAs, die mit nach wie vor fehlender oder mangelhafter Schutzausrüstung und trotz eines Gehaltes, dass oft noch unterhalb der 2.ooo-Euro-Marke (Brutto) liegt,  jeden Tag den Praxisalltag am Laufen halten. 

Hier stellt sich die Frage: Wo bleibt die gesellschaftliche Anerkennung wenigstens in Form der Ausdehnung des Pflegebonus auf die ambulanten Assistenzberufe? Aber auch: Wo bleibt die Verantwortung der KVen, dem gesetzgeberischen Schutzschirm aus dem Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz möglichst schnell Taten und Details durch Anpassung des Honorarverteilungsmaßstabes folgen zu lassen, um den Praxisinhabern wenigsten ein bisschen individuelle Planungssicherheit zurückzugeben? Beides hat mit Anerkennung und Dankbarkeit wenig zu tun.

Autor

 Susanne Müller

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