In den Kliniken in Deutschland könnte im Zuge der Ambulantisierung ein Erlösvolumen von bis zu 6 Milliarden Euro im stationären Bereich wegfallen.
Dieses Volumen würde erreicht, wenn alle potenziell ambulanten Fälle nicht mehr im stationären Bereich erbracht würden, wie eine Analyse des Strategieberatungs-Unternehmens Mediqon zeigt.
Die Untersuchung ist der Auftakt zu einer neuen Artikelserie zur Transformation der Krankenhauslandschaft. Ausführlich wird f&w in der September-Ausgabe über dieses Thema berichten. Im bereits etablierten „Klinik-Stresstest“ von Bibliomed und Mediqon werden dabei in den kommenden Wochen und Monaten die Auswirkungen aktueller Forderungen und Debatten zum Strukturwandel unter die Lupe genommen. Ziel ist eine faktenbasierte Diskussion zur Gestaltung der zukünftigen Krankenhausversorgung im Sinne einer wirtschaftlich nachhaltigen sowie bedarfsgerechten medizinischen Versorgung.
In der aktuellen Untersuchung wird erstmalig das Volumen an ambulant-sensitiven Krankheiten für den gesamten deutschen Krankenhausmarkt dargestellt. Bei 666 Krankenhäusern wurde dabei ein Anteil von 25 Prozent oder mehr an stationären Behandlungen mit diesen Krankheiten ermittelt. Darunter sind 54 Krankenhäuser, deren Anteil ambulant-sensitiver Krankenhausfälle bei mehr als der Hälfte liegt.
Unter ambulant-sensitiven Krankenhausfällen werden allgemein solche verstanden, die durch effektives Management chronischer Erkrankungen, effektive Akutbehandlungen im ambulanten Sektor oder Immunisierungen vermieden werden könnten. Die Zahlen zu den ambulant-sensitiven Krankenhausfällen sind in der Diskussion um die zukünftige Krankenhausversorgung von großer Bedeutung. Die Autoren der Bertelsmann-Studie, die im vergangenen Jahr für viel Diskussionsstoff gesorgt hat und weiter sorgt, hatten für diese Krankheiten anteilige Werte für die zukünftige Ambulantisierung eingesetzt und daraus eine Bedarfsprognose erstellt.
In der neuen Serie zur Krankenhausversorgung der Zukunft werden die Forderungen der Bertelsmann-Studie aufgegriffen und mithilfe von datengestützten Auswertungen auf den gesamten Klinikmarkt übertragen. Mediqon-Geschäftsführer Dr. Dirk Elmhorst geht davon aus, dass angesichts der Entwicklungen rund um die Corona-Pandemie die Rufe nach einer stärkeren Ambulantisierung weiter zunehmen werden. Er prognostiziert, dass die Krankenkassen wegen stark sinkender Einnahmen noch stärker darauf drängen werden, dass künftig mehr Leistungen ambulant erbracht werden.

"Wie man in unserer Auswertung sieht, gibt es viele Häuser mit einem vermeintlich großen ambulanten Potenzial“, so Elmhorst. „Wenn diese Fälle wegfallen, wird der Druck enorm steigen.“ Klinikmanagern rät er deshalb, sich jetzt genau anzuschauen, wie groß das ambulante Potenzial in ihrer Klinik ist und wie sie sich auf die Veränderungen vorbereiten können. Ob es sich tatsächlich um ambulantes Potenzial handelt, ergibt sich nicht nur aus der Erkrankung, sondern hängt auch von der erfolgten Behandlung ab. Außerdem muss die ambulante Versorgungssituation berücksichtigt werden, auf die der folgende Klinik-Stresstest in der September-Ausgabe von f&w näher eingehen wird.
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Mediqon hat für die Auswertung die Diagnosekodes der in der Bertelsmann-Studie angegebenen ambulant-sensitiven Krankheiten (ASK) herangezogen. Für die Auswertung wurden diese Kodes in den Daten der Qualitätsberichte der Krankenhäuser gekennzeichnet. Zusätzlich zu den Qualitätsberichten wurden Diagnosestatistiken herangezogen, deren Kodes der ASK ebenfalls gekennzeichnet wurden. Es muss explizit erwähnt werden, dass die Analysen für den Gesamtmarkt ein belastbares Bild ergibt, für das einzelne Haus aber nur unter Kenntnis der durchgeführten Behandlungen valide bewertbar ist.