München

Pfleger wegen Mordes verurteilt

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Pfleger wegen Mordes verurteilt
© djedzura/GettyImages

Er wollte seine Ruhe haben und der Tod der Patienten war ihm egal: Ein Pfleger ist wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in sechs Fällen zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht München I unter Vorsitz von Norbert Riedmann hat daneben die besondere Schwere der Schuld festgestellt und gegen den Angeklagten ein lebenslanges Berufsverbot als Kranken- und Altenpfleger verhängt.

Angeklagter verabreichte nicht verordnete Medikamente

Der Angeklagte war seit Juli 2020 als Krankenpfleger in einer Abteilung des Klinikums rechts der Isar tätig und dort in erster Linie für die Betreuung der Patienten der Wachräume zuständig. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte während seiner Schicht am Abend des 22. August 2020 einem 80-Jährigen insgesamt fünf Ampullen nicht verordneter sedierender Medikamente verabreicht hat, die zu einer Intoxikation und einer Vigilanzminderung des Patienten führten. Der Patient musste notfallmäßig versorgt und auf die Intensivstation verlegt werden, wo er sechs Tage später als Folge der nicht indizierten Medikamentengabe verstarb.

Weitere Patienten gerieten in lebensbedrohlichen Zustand

Im Zeitraum vom 25. Oktober 2020 bis 7. November 2020 hat der Angeklagte vier weitere Patienten durch nicht indizierte Medikamentengaben in einen lebensbedrohlichen Zustand gebracht. Ein 89-jähriger Patient verstarb infolge der nicht indizierten Gabe von Tramadol und Diazepam trotz notfallmäßiger Behandlung auf der Intensivstation nach rund zwei Wochen, ohne noch einmal das Bewusstsein erlangt zu haben. Bei zwei weiteren Patienten verabreichte der Angeklagte wiederholt nicht verordnete Medikamente, darunter sedierende Medikamente, aber auch Blutverdünnungsmittel beziehungsweise hohe Dosen von Adrenalin. Diese zwei Patienten sowie ein weiterer Patient überlebten dank des Eingreifens des medizinischen Personals der Klinik. 

Mordmerkmal der Heimtücke in allen Fällen

Das Gericht wertete diese Taten als versuchten Mord, weil der Angeklagte nichts zur Rettung der Patienten unternommen hatte. Daneben hat es den Angeklagten auch wegen gefährlicher Körperverletzung durch die Verabreichung von Gift und durch die lebensgefährdende Behandlung schuldig gesprochen.

In allen Fällen nahm das Schwurgericht das Mordmerkmal der Heimtücke an, weil die schwerkranken Patienten im Krankenhaus von Schutz und Pflege ausgingen. In den Fällen, in denen der Angeklagte sedierende Medikamente verabreicht hatte, ging das Gericht zusätzlich von dem Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe aus, weil der Angeklagte die Patienten damit ruhigstellen wollte, um diese nicht versorgen zu müssen. Der geständige Angeklagte hatte hierzu angegeben, dass er „seine Ruhe haben“ wollte und ihm der Tod der Patienten egal gewesen sei.

Keine Sicherungsverwahrung für den Angeklagten

Aufgrund einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände, insbesondere der Vielzahl der Taten binnen kurzer Zeit, hat das Schwurgericht die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Eine Verhängung der Sicherungsverwahrung sah das Gericht als nicht als erforderlich an, da die weiterhin vom Angeklagten ausgehende Gefahr auf ein vertretbares Maß reduziert werde. Wie die Deutsche Presse-Agentur (DPA) berichtet, begründete der vorsitzende Richter Riedmann das unter anderem damit, dass der Angeklagte noch sehr jung sei, seine Taten bereue, keine Vorstrafen und eine lange Zeit im Gefängnis vor sich habe. Riedmann habe jedoch eingeräumt, dass innerhalb der Kammer die Frage der Sicherungsverwahrung ein "Problem" gewesen sei, "das zu einigen Diskussionen geführt hat". 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegenüber der DPA kündigte der Verteidiger Benedikt Stehle nach dem Urteil an, "erst mal pro forma" Revision einlegen zu wollen. Das Schwurgericht hat die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. 

Tötungsdelikte in der Pflege

Tötungsdelikte in der Pflege hatten in der Vergangenheit bereits für Schlagzeilen gesorgt: Im wohl größten Serienmordprozess der deutschen Nachkriegsgeschichte war Niels Högel 2019 wegen 85-fachen Mordes verurteilt worden. 2021 wurde eine Pflegehelferin wegen 4-fachen Mordes angeklagt.

Autor

 Christina Spies

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