Vor zehn Jahren hat Consus-Gründer Djordje Nikolic seine ersten Mitarbeiter eingestellt. Seit heute sind er und sein Team Teil von Accenture. Dort hat er Großes vor.
Im August hatte Accenture die Übernahme von Consus angekündigt, am 1. Oktober wurde Vollzug gemeldet. 140 Beschäftigte wechseln zu dem Global Player, der weltweit über 733.000 Mitarbeiter beschäftigt, in 120 Ländern aktiv ist und rund 64 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz macht. Gründer und CEO Djordje Nikolic übernimmt dort den Bereich Health Strategy & Consulting von Accenture in der DACH-Region. Im Interview schildert er, warum er verkauft hat und welche Ziele er nun verfolgt.
Herr Nikolic, Sie haben Consus gegründet und aufgebaut. Wie schwer ist Ihnen die Entscheidung gefallen?
Emotional war das gar nicht so leicht. Ist doch klar, dass man an liebgewonnenen und gut funktionierenden Dingen festhalten will. Zumal wir uns mit unserem tollen Team über die Jahre eine hervorragende Präsenz am Markt erarbeitet haben. Rational fiel mir die Entscheidung jedoch überhaupt nicht schwer, weil ich zu 100 Prozent davon überzeugt bin, dass sie uns von unseren Möglichkeiten her auf eine neue Stufe heben wird. Zugleich wird das erhalten bleiben, was Consus immer ausgemacht hat: einzigartige Markt-Expertise, hemdsärmelige Herangehensweise und ein wertschätzendes Miteinander sowohl im Team als auch in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden.
Welche unternehmerischen, aber auch persönlichen Überlegungen haben bei der Verkaufsentscheidung eine Rolle gespielt?
Erst vor genau zehn Jahren habe ich die ersten Mitarbeiter eingestellt. In den letzten Jahren sind wir als Unternehmen enorm schnell gewachsen. So schnell, dass wir früher oder später an Grenzen gestoßen wären – strukturell und organisatorisch. Das allein war aber nicht der springende Punkt beim Zusammengehen mit Accenture, es gab auch vorher Verkaufsangebote. Bei Accenture hatte ich aber zum ersten Mal das Gefühl, das könnte passen. Wir hätten zum Beispiel nie an einen reinen Finanzinvestor verkauft. Accenture brachte dagegen genau das mit, was uns als eher analoges Unternehmen zuletzt ein wenig abging: eine extrem starke, umfängliche Aufstellung in den Bereichen Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz – Themen, die nicht erst im Zuge des Krankenhauszukunftsgesetzes auf die Agenda unserer Branche gesetzt wurden. Diese Lücke konnten wir in den letzten Jahren selbst mithilfe von Kooperationen nie zufriedenstellend schließen.
In den ersten Gesprächen mit Accenture zeichnete sich dann schnell ab, welche gigantischen Potenziale entstehen, wenn wir unsere jeweiligen Stärken gemeinsam in den Ring werfen. Wir von Consus bringen das spezifische Branchen-Know-how mit – und Accenture bietet uns digitale Möglichkeiten, dieses anzuwenden, weiterzudenken und künftig in neue Sphären weiterzuentwickeln. Unter dem Strich reden wir hier also von einem „Match-made-in-heaven“, einer Liebeshochzeit, wenn Sie so wollen. Da sehe ich in Deutschland gerade kein anderes Unternehmen, das beide Felder in Zukunft so gut bedienen kann wie wir.
"Accenture fühlt sich aber eben nicht wie ein typischer Konzern an, sondern eher wie 'Consus in riesig'."
Welche Learnings haben Sie aus dem Verkaufsprozess gewonnen?
Erstmal, dass so ein Prozess ganz schön intensiv und anstrengend ist. Das muss ich wirklich so schnell nicht mehr haben (lacht). Zugleich war es spannend, einmal von außen bestätigt zu bekommen, dass wirin den letzten Jahren vieles richtig gemacht haben. Besonders aber hat sich im Verlauf der Gespräche der erste Eindruck zunehmend verfestigt, dass beide Unternehmen gut zusammenpassen – und zwar nicht nur strategisch, sondern auch menschlich. Die Menschen, die ich bisher bei Accenture kennenlernen durfte, haben mich ehrlich beeindruckt. Es gibt hier eine Unternehmenskultur mit hoher Werteorientierung, viele Frauen in Führungspositionen und diverse Menschen, die seit Jahrzehnten im Unternehmen tätig sind – ein Ausdruck der Stabilität. Ich glaube, dass solche menschlichen Komponenten für ein Unternehmen wie Consus eine besondere Rolle spielen. Wie ich selbst haben hier viele eine Konzernvergangenheit. Accenture fühlt sich aber eben nicht an wie ein typischer Konzern, sondern eher wie „Consus in riesig“.
Was geschieht mit Ihren Tochterunternehmen, beispielsweise der Akademie oder HC&S?
HC&S, Consus Mtech und die Rechtsanwaltskanzlei Consus Law sind eigenständige Unternehmen und werden weiterhin eigenständig am Markt agieren – die beiden letzteren unter neuem Namen. Die Consus Healthcare Akademie ist als Marke unternehmerisch Teil der Consus Health GmbH, wird daher mit ihren Mitarbeitern künftig Teil von Accenture sein.
Inwiefern haben aktuelle Rahmenbedingungen in der Branche diese Entscheidung beeinflusst?
Besonders zwei Entwicklungen haben bei den Überlegungen eine Rolle gespielt. Einerseits sind das die Herausforderungen der Digitalisierung, die unsere Branche meiner Ansicht nach in den nächsten Jahren maßgeblich prägen werden. Durch die Übernahme durch Accenture haben wir die Grundlage dafür geschaffen, dass wir hierbei nicht nur den Anschluss nicht verpassen, sondern künftig vorangehen können. Dazu kommt in den vergangenen Jahren eine neue Dynamik der Expansion über die bestehenden Klinikgrenzen hinaus, die neue Marktakteure hervorbringt wie Landräte, Oberbürgermeister oder Bundestagsabgeordnete – und damit einhergehend einen Bedarf an übergreifenden und gesamtheitlichen Konzepten für die Gesundheitsversorgung. Daraus entstehen neue, spannende Ansätze, die sich grundsätzlich auch zur Anwendung in internationalen Märkten adaptieren lassen. Auch für solche Internationalisierungsambitionen sind wir in den Strukturen von Accenture nun besser aufgestellt als zuvor.
"Auf absehbare Zeit gibt es ein dankbares Umfeld für die Beraterbranche."
Welche Ziele werden Sie in Ihrer neuen Position bei Accenture verfolgen?
Ich werde für die Healthcare-Themen von Accenture in Deutschland sowie für den Klinikbereich in der DACH-Region verantwortlich sein. Es wird einerseits darum gehen, eine reibungslose Integration sicherzustellen und das bisherige Geschäft von Consus nicht nur weiterzuführen, sondern auch das Wachstum fortzusetzen. Wir wollen als Team zusammen- und gemeinsam weiterwachsen. Dafür gilt es zu verstehen, wie wir gegenseitig voneinander profitieren können, um aus dieser Stärke heraus die enorme kreative Kraft zu nutzen, um neue Geschäftsfelder sowie Ziele zu entwickeln und diese gemeinsam zu erreichen.
Wird die Marke Consus verschwinden?
Mittelfristig ja. Ab sofort werden wir als „Consus.Health – Part of Accenture” in Erscheinung treten. Nach einer Übergangsphase wird sich das Consus-Geschäft dann am Markt vollständig als Accenture präsentieren, mit einem noch umfangreicheren gemeinsamen Leistungsspektrum. Accenture hat in der Vergangenheit bereits erfolgreich große internationale Marken integriert, darum finde ich diesen Schritt folgerichtig. Er ist konsequent, da wir nicht nur organisatorisch und rechtlich vollständig in Accenture aufgehen, sondern auch inhaltlich unsere eigene Gesundheitsexpertise mit dem technologischen Know-how von Accenture zu etwas Neuem bündeln. Und er ist auch ein Commitment an eben dieses Neue, hinter dem ich 100-prozentig stehe.
Bleibt Ihr Team mit an Bord? Und: Wird die jetzige Consus-Geschäftsführung geschlossen zu Accenture wechseln?
Ja, es ist geplant, dass das gesamte Consus-Team mit zu Accenture übergeht. Für mich hat sich nie die Frage gestellt, irgendetwas an der bisherigen Struktur zu verändern. Was uns bei Consus immer ausgemacht hat, sind die herausragende Erfahrung sowie Expertise jedes einzelnen und der darauf basierende besondere Teamspirit. Das auseinanderzureißen wäre kontraproduktiv, schließlich wollen wir bei Accenture das fortführen, was erfolgreich war.
Abschließende Frage: Wie sehen Sie die Zukunft der Beraterbranche im deutschen Klinikmarkt?
Die jetzige Dynamik der Krankenhausreform mit allem, was danach kommen wird, schafft auf absehbare Zeit ein dankbares Umfeld für die Beraterbranche. Für meinen Geschmack sogar etwas zu dankbar. Als ehemaliger Klinikgeschäftsführer würde ich mir ehrlich gesagt ein bisschen mehr Ruhe und Planungssicherheit für die Kliniken wünschen.