Einsatz von Drohnen

Blut aus der Luft

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  • 01.04.2015

Die Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken planen den Einsatz von „Blut-Drohnen". Nachdem alle technischen Schwierigkeiten beseitigt sind, fehlt noch die Zustimmung der Behörden. Insbesondere die kommerzielle Verwendung der unbemannten Fluggeräte ruft Sicherheitsbedenken hervor, die jedoch, so der Autor, im Falle einer Beschränkung auf medizinisch notwendige Transporte unbegründet sind.

Drohnen sind wiederverwendbare unbemannte Vehikel, die den Luftraum erobern und durchaus auch Skeptiker auf den Plan rufen, die ein Chaos am Himmel befürchten. In den Vereinigten Staaten werden bis 2018 voraussichtlich etwa 8.000 Geräte kommerzieller Betreiber die Lüfte bevölkern, schätzt die amerikanische Flugaufsichtsbehörde. Hinzu kommen unzählige Drohnen von Hobbypiloten, des Militärs sowie der Sicherheitsbehörden. Eine Zahl, die derzeit in Europa angesichts der bisherigen Gesetzgebung noch als utopisch gilt.

Mit einem jetzt in den USA veröffentlichten Regelwerk (New Rules for Small Unmanned Aircraft Systems) wurde, so hoffen Skeptiker und Gegner, ein Reglement geschaffen, das bisherigen Projekten einen gesetzlichen Riegel vorschiebt. Gemeint sind damit Vorhaben wie die des Online-Dienstleisters Amazon oder des Logistikunternehmens DHL, die unbemannte Lieferdienste einrichten wollen. Das neue US-Regelwerk schreibt unmissverständlich vor, dass Drohnen nur unter Sicht, das heißt in Sichtweite und tagsüber, geflogen werden dürfen.

Technische Eigenschaften einer Drohne

  • GPS-Autopilot: Hiermit wird die Drohne auf Kurs und Position gehalten.
  • Coming Home: Per Knopfdruck lässt sich das Fluggerät jederzeit zum Startpunkt zurückfliegen.
  • Dynamic Position Hold: Die per DGP geleitete Drohne driftet bei Wind nicht ab und hält auf Kurs.
  • Redundanz: Die Drohne fliegt auch beim Ausfall eines Motors sicher weiter. Die Fluglageregelung erkennt dies und regelt die verbleibenden Motoren.
  • Waypoint: Flüge lassen sich bequem am PC planen und den Gegebenheiten (zum Beispiel hohe Gebäude, Hindernisse) anpassen.
  • Flugschreiber: Die Flugdaten werden auf einer SD-Karte (Secure Digital Memory Card) gespeichert. Dies sind unter anderem Angaben zu Position, Höhe, Geschwindigkeit, Fluglage und Temperaturen.
  • Failsafe: Das Gerät fliegt bei Empfangsausfall autonom zurück und landet beim Startpunkt. 

Das dahinterliegende Vorsichtsprinzip ist vom Ansatz her grundsätzlich zu begrüßen, es übersieht jedoch die inzwischen fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten und Weiterentwicklungen, die die Drohnen in die Lage versetzen, innerhalb vorgegebener Luftkorridore eigenständig (GPS-gesteuert) oder unter Kamerasicht, durch einen Piloten gesteuert, das jeweilige Ziel anzufliegen. Die neueste Generation der fliegenden Assistenzsysteme verfügt dabei über eine Kombination von Sensoren, Radar und Kameras als Antikollisionssystem, sodass sich, intelligent navigiert, das Risiko von Zusammenstößen deutlich reduziert.

Auch die Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken planen seit geraumer Zeit den Einsatz von Drohnen zum Transport von Blutkonserven zwischen verschiedenen eigenen innerstädtischen Krankenhausstandorten. Die dabei verwendeten Geräte sind mit den derzeit verfügbaren Sicherheitseinrichtungen ausgestattet. Dennoch tun sich die für die Genehmigung solcher Flüge zuständigen Behörden (Regierungspräsidium) nach wie vor schwer und verweisen wiederum auf die, wenn auch gegenüber ihrem US-Pendant deutlich liberalere, europäische und deutsche Gesetzeslage. Deren Sicherheitsbedenken für eine kommerzielle Verwendung von Drohnen lassen sich zugegebenermaßen, trotz allen technologischen Fortschritts, nicht gänzlich beiseiteschieben.

Anwendung nur in Notfällen

Was die Kritiker bislang nicht ausreichend berücksichtigt haben, ist die enge Indikationsstellung, unter der die Drohnen für den Bluttransport zum Einsatz kommen sollen. Demnach kommen die Fluggeräte nur in Notfällen zur Anwendung, bei denen binnen kürzester Frist Blut oder Blutprodukte an einem Krankenhausstandort ohne eigene Blutbank oder eigenes Depot zur Verfügung stehen müssen. Die jeweiligen Flüge sind auf einen engen, vorab festgelegten Luftkorridor beschränkt, die Flughöhe unterschreitet die zulässigen 100 Meter deutlich, und im Bedarfsfall könnte die Flugsicherung zeitgleich über den Drohneneinsatz informiert werden. Wie Messungen ergeben haben, ist der Transport per Drohne jeglicher bodengebundenen Beförderung, auch unter den Bedingungen von Sondersignalfahrten, zeitlich deutlich überlegen.

Wie nützlich dies im Bedarfsfall sein kann, zeigt sich derzeit im Großraum Mainz–Wiesbaden. Aufgrund eines Defektes und der nachfolgenden Vollsperrung einer von drei Rheinbrücken kam es im Februar und März zudeutlichen Verkehrsbehinderungen. Hiervon betroffen waren auch die regelmäßig stattfindenden Bluttransporte zwischen der in Mainz befindlichen Transfusionszentrale und den in Wiesbaden ansässigen Krankenhäusern. Die zum Teil um bis das Vierfache verlängerte Transportzeit der Blutprodukte gefährdete dabei nicht nur Patienten, sondern band Rettungs- und Transportkapazitäten, die an anderer Stelle möglicherweise ebenso dringend benötigt wurden.

Die Entwicklung des Themas der Bereitstellung von Blutkonserven ist insgesamt fatal, da einem seit Jahren wachsenden Verbrauch an Konserven und Blutprodukten ein stetig sinkendes Spendenaufkommen gegenübersteht. 5.110 Erythrozytenkonzentrate entfallen auf 100.000 Einwohner pro Jahr. Dies führt dazu, dass zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung die zur Verfügung stehenden und zeitlich begrenzt haltbaren Blutkonserven möglichst zentral für eine gezielte Verteilung vorgehalten werden, was wiederum zu einem höheren Transportaufkommen und Notfalleinsätzen führt.

Wie eine Studie im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) aus dem Jahr 1995 ergeben hat, „haben Einsatzfahrzeuge unter Nutzung von Sonder- und Wegerechten ein gegenüber den übrigen Verkehrsteilnehmern achtfach höheres Risiko, bei Einsatzfahrten in einen Unfall mit Schwerverletzten verwickelt zu werden". „Rein rechnerisch ergibt sich mindestens eine getötete Person auf 272.000 Einsatzfahrten mit Sonder- und Wegerechten." Statistische Zahlen, hinter denen sich jeweils ein menschliches Schicksal verbirgt.

Die Entwicklung geht weiter, die Gespräche auch

In Kürze werden die Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken über die nächste Generation an Drohnen verfügen. Diese sind mit weiteren technischen Eigenschaften ausgestattet, die einen noch sichereren Einsatz als bisher ermöglichen werden (Kasten). Aktuell wird versucht, die Ministerien sowie auch das Regierungspräsidium an einen Tisch zu holen. Nach eigenem Bekunden werden sich diese den technischen Entwicklungen nicht verschließen. Ein Ermessensspielraum gegenüber den gesetzlichen Vorgaben dürfte bestehen.

Um es deutlich zu sagen: Nicht Bücher, sondern Blut wird transportiert. Es geht darum, Leben zu retten. Es ergibt sich jetzt die Chance, mit der Unterstützung und dem Wohlwollen der Genehmigungsbehörde innerhalb von Europa eine Vorreiterrolle beim Einsatz solcher fliegenden Assistenzsysteme zu übernehmen. Die Umsetzung neuer technologischer Entwicklungen lässt sich erfahrungsgemäß verzögern, aber nicht aufhalten.

Zu den Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken gehören das Agaplesion Markus Krankenhaus (Foto), ein Haus der Schwerpunktversorgung mit mehr als 550 Betten, das belegärztlich geführte Agaplesion Bethanien Krankenhaus sowie das Agaplesion Diakonissen Krankenhaus mit seiner medizinisch-geriatrischen Klinik sowie einer Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie. 2016 soll das Diakonissen Krankenhaus an das Markus Krankenhaus verlagert werden. Zum Unternehmen gehören außerdem noch ein Medizinisches Versorgungszentrum und vier Senioreneinrichtungen.

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