DGfM-Herbstsymposium

Turbulente Zeiten für Medizincontroller

  • Controlling
  • Management
  • 29.10.2019

f&w

Ausgabe 11/2019

Seite 1018

Das Herbstsymposium der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling in Frankfurt am Main.

Die Auswirkungen des Pflexits sind unkalkulierbar, das MDK-Prüfregime steht vor einem Neustart und das Pepp-System wird 2020 scharf geschaltet. Auf dem Herbstsymposium der DGfM wurde munter und in der Sache hart diskutiert.

Das MDK-Reformgesetz sorgt nicht nur unter den Verbänden, sondern auch Medizincontrollern für hitzige Diskussionen – und es herrscht noch viel Klärungsbedarf, wie auf dem „DRG-Tag“ des Herbstsymposiums der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling (DGfM) Mitte Oktober deutlich wurde. Vor allem die geplanten Prüfquoten bei der Abrechnungsprüfung sorgten für viele Nachfragen. So äußerte ein Teilnehmer die Befürchtung, dass die Kassen die Prüfquote durch gezielte Prüfungen in den Häusern nach oben treiben werden. Anika Jennen, Referentin aus dem Bundesgesundheitsministerium, bezeichnete die Prüfquoten als den „kompliziertesten Punkt“ der Gesetzesreform. Sie geht davon aus, dass die Krankenkassen in Zukunft viel gezielter prüfen werden. Darauf sollten sich Krankenhäuser vorbereiten und ihr Prozessmanagement optimieren.

Sie unterstrich zudem, dass alle geprüften Rechnungsfälle eines Hauses für die Quote maßgeblich seien – also kassenübergreifend. Wenn der Anteil aller unbeanstandeten Rechnungsfälle aller Krankenkassen dann beispielsweise über 60 Prozent liege, entspreche dies einer Prüfquote von fünf Prozent im übernächsten Quartal. Allerdings seien die bislang vorgesehenen Quoten noch nicht beschlossen, betonte Jennen. Änderungen im parlamentarischen Verfahren seien durchaus noch möglich. Die Kriterien für die Strukturprüfungen sollen nicht im Gesetz, sondern in einer bundesweiten Richtlinie des MD Bund im April erlassen werden.

Von Schroeders: Konstruktiv zusammenarbeiten

Ständig würden Krankenhäuser mit Qualitätsvorgaben konfrontiert, was auch richtig für die Patientensicherheit sei, kommentierte Dirk Hohmann, Generalsekretär der DGfM. „Aber eine Qualitätsvorgabe für den MDK fehlt. Wer prüft eigentlich die Prüfung?“, fragte er. „Im Gesetzentwurf stehen viele Dinge, wo Krankenhäuser gewaltig schlucken mussten“, meinte auch DGfM-Vorstandsvorsitzender Dr. Nikolai von Schroeders. Allerdings gehe es den Krankenkassen nicht anders. Das Bundesgesundheitsministerium habe versucht, beide Seiten zu berücksichtigten, lobte er. Sein Appell an die 520 Teilnehmer in Frankfurt: „Wir sollten es gemeinsam angehen und konstruktiv hinbekommen.“

Hüttner: Medizincontroller werden wichtiger

Dr. Ingo Hüttner, Medizinischer Geschäftsführer und Vorsitzender der Geschäftsführung Alb Fils Kliniken GmbH, Göppingen, untermauerte Jennens Ausführungen: Das MDK-Management in Krankenhäusern brauche deutlich mehr Sicherheit. Dafür müssten Klinikmanager mehr Geld in die Digitalisierung stecken, da sie auch das MDK-Management in Zukunft deutlich verändern werde. Ziel sollte eine Berufsgruppenübergreifende Dokumentation sein. Als Beispiel nannte Hüttner den Neubau der Klinik am Eichert in Göppingen, mit einem Gesamtvolumen von rund 427,6 Millionen Euro eines der größten Bauprojekte in Baden-Württemberg. „Wir gehen zu 98 Prozent papierlos in den Neubau, unsere Ärzte sind WLAN-gestützt im Haus unterwegs.“

Für den Medizincontroller berge das Chancen, seine Bedeutung werde zunehmen, sagte Hüttner. „Ohne den Medizincontroller hat das kaufmännische Controlling keine Basis. Der Medizincontroller wird als Verhandlungspartner auf Augenhöhe mit der Geschäftsführung agieren.“ Gemeinsam werde man die Wettbewerbspositionierung der Kliniken ausrichten.

Hüttner erwartet auch, dass es die Kodierfachkraft in ihrer heutigen Form so nicht mehr geben wird. Die zukünftige Kodierung werde viel stärker durch digitale Prozesse geprägt sein, das operative Medizincontrolling von Analyse und Bewertung größeren Datenmengen. Auch KI werde klinische Behandlungsprozesse begleiten und mindestens Kodiervorschläge machen.

Heimig: Streit ist absehbar

Viel Unsicherheit beschert den Kliniken der anstehende Pflexit. Dr. Frank Heimig, Chef des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) präsentierte den – zum Zeitpunkt der Tagung noch nicht beschlossenen – neuen aDRG-Katalog. Dafür hatten er und sein Team denkbar wenig Zeit. „Wir haben das Wichtigste gemacht, was bis Sommer möglich war“, so Heimig, der von einem „Schnellschuss eines kompletten Umbaus“ sprach. Seine Prognose: „Wir werden jahrelang darüber diskutieren, ob etwas pflegerelevant ist oder nicht, mit ganz vielen Schiedsstellen und ganz viel Gerichten.“

Jacobs: Harmonie bei Pepp

Vergleichbare Gefechte wie um den aDRG-Katalog hat es beim Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen für das Jahr 2020 (Pepp) in der Selbstverwaltung nicht gegeben, wie dem Vortrag von Christian Jacobs, Abteilungsleiter Medizin des InEK, zu entnehmen war. Ein großer Umbruch stand hier bekanntlich auch nicht an. „Die Pflege bleibt drin, Pepp ist weiterhin pflegelastig“, so Jacobs. Insgesamt sei der Pepp-Katalog repräsentativer geworden – auch dank des (verpflichtenden) Anstiegs der Kalkulationshäuser. Ein interessantes Detail am Rande: Die Kalkulationsdaten der zwangsverpflichteten Häuser waren eher besser als die von bislang kalkulierenden Häusern, verriet Jacobs.

Die Ergänzenden Tagesentgelte (ET) seien nahezu unverändert, sie steigen auch in diesem Jahr an. Insgesamt seien nur zwölf Vorschläge, überwiegend von Kliniken, zur Weiterentwicklung des Pepp-Entgeltsystems gekommen, sagte Jacobs. „Das sind fünf Prozent von den Vorschlägen für das DRG-System“, verglich er. Er ermutigte alle Beteiligten, sich an der Weiterentwicklung des Katalogs zu beteiligen.

Bielefeld: Deutliche Änderungen

Krankenhäuser werden ab 2020 bei der Budgetfindung mit deutlichen Änderungen rechnen müssen, unterstrich Marten Bielefeld, Stellvertretender Geschäftsführer, Niedersächsische Krankenhausgesellschaft e.V., Hannover. Denn das Pepp-Budget wird nach neuen Regeln, trotz Beibehaltung der Zwei-Säulen-Theorie, verhandelt. „Der leistungsbezogene Vergleich steht vor der Tür“, so Bielefeld. Das bringe „eine gewisse Schärfe“ in die Budgetverhandlungen.

Dazu komme die neue Richtlinie des G-BA zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL), die psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen ab 2020 zu einer personellen Mindestausstattung verpflichtet. Ab 2024 müssen die Einrichtungen 100 Prozent der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) einhalten, bis dahin gelten Übergangsregelungen. Die Minutenwerte der Psych-PV würden angehoben, so Bielefeld, was Mehrforderung für Krankenhäuser mitbringt.

Die Einhaltung der Mindestvorgaben müssen die Kliniken nachweisen. Dafür soll es zwei Nachweisverfahren geben, sagte Bielefeld. Ein Nachweis erfolge quartalsweise auf Einrichtungsebene und damit standortbezogen, ein weiteres sehe einen monatlichen und stationsbezogenen Nachweis vor. „Das wird zu deutlich mehr bürokratischem Aufwand führen, der zusätzlich zu finanzieren ist“, unterstrich Bielefeld. Bei Nichteinhaltung drohten Vergütungskürzungen und eine zusätzliche Strafzahlung.

Bielefeld zeigte sich skeptisch, dass es vielen Kliniken gelingen werde, regionale oder strukturelle Besonderheiten in der Leistungserbringung geltend zu machen. Zudem gab er zu bedenken, dass Leistungen, die über regionale oder strukturelle Elemente vergütet werden, aus dem Pepp-Erlösbudget entnommen würden. Er empfahl allen Beteiligten, individuell genau zu prüfen, ob entsprechende Besonderheiten vorliegen, da diese im Rahmen der anstehenden Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen zu vereinbaren sind.

Erk: Vergleich bleibt herausfordernd

Das Pepp-System habe sich dem DRG-System weitgehend angeglichen, sagte Katrin Erk, Kaufmännischer Vorstand, Universitätsklinikum Dresden. Das heißt aus ihrer Sicht auch: Nun gelten im Psychbereich ähnliche Regeln wie in der DRG-Welt – zum Beispiel der Trend zur Verweildauerverkürzung. Das führe zur Benachteiligung bei der Vergütung von schwer erkrankten Patienten, „die, die es am meisten brauchen“, so Erk. Wegen des Psych-Personalnachweises müssten Kliniken sich fragen, wie sie mit den Möglichkeiten, die sie noch haben, zurechtkommen. Infolge der drohenden Budgetabsenkungen könnten viele Kliniken nun in eine Abwärtsspirale geraten, so Erk.

Auch den Krankenhausvergleich bewertet sie kritisch. Dieser sei ausgestaltet nach Vereinbarungswerten, nicht nach Ist-Werten, sagte Erk. Es sei eine Herausforderung, Uniklinika, Fachkliniken, Kinder- und Jugendpsychiatrien, Privatkliniken, kleine Kliniken mit 40 Betten, etc. in einen Vergleich zu bringen. Das sei schwierig in den Verhandlungen gewesen, „eine reine Konzentration auf Basisentgeltwerte konnte es nicht sein, deutlich mehr Daten sind nötig“. Sie empfiehlt allen Beteiligten, sich mit der Thematik zu beschäftigen.

Schmedders: Mehr Personal beschlossen

Verärgert über die Medienberichte rund um die PPP RL zeigte sich Mechthild Schmedders, Referatsleiterin Qualitätssicherung Krankenhaus, GKV-Spitzenverband, Berlin, ein. „Da stand vieles drin, was nicht den Inhalten entspricht.“ Faktisch habe der G-BA ein Mehr an Personal beschlossen, als es im PsychPV vorgesehen war. Nur der quartalsdurchschnittliche Nachweis auf Einrichtungsebene gebe Antwort darauf, ob die Mindestvorgabe eingehalten wurde. Wegen der Übergangsregelung seien bis 2024 Nichterfüllungen zulässig, auch Ausnahmen seien formuliert worden.

Erika Raab, stellvertretende Vorsitzende der DGfM, sah sich angesichts der regen Debatte zu einem Appell an alle Teilnehmer veranlasst: „Was bedeutet Personaluntergrenze? Es bedeutet Qualität. Und wir diskutieren gegen Qualität.“ Etwas, was noch gar nicht da sei, werde schon weggestampft.

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