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Abbild der Wirklichkeit

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  • 27.04.2023

f&w

Ausgabe 5/2023

Seite 472

Prof. Dr. Ursula Hübner

Strategien sind Werkzeuge, die helfen, über das Klein-Klein des Alltags hinauszublicken und ein Bild einer besseren Zukunft (und Gegenwart) zu entwickeln. Die Elemente der Digitalisierung des Gesundheitswesens gerieten jüngst viel zu sehr in die Mühlen der Alltagsrealität. Deshalb ist die Digitalisierungsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums jetzt so wichtig. Sie hätte zwar viel früher kommen müssen, aber das ist Schnee von gestern.

Das Strategiepapier beschreibt vieles, was richtig ist. Als Wissenschaftlerin in der Medizin- und Gesundheitsinformatik konnte ich eigentlich aus dem Nicken gar nicht herauskommen: personenzentriert, übergreifende Versorgungsprozesse, qualitativ hochwertige Daten aus der und für die Versorgung und Forschung, die elektronische Patientenakte (ePA) nach § 341 SGB V im Zentrum des Geschehens ...

Was fehlte, war das Staunen über etwas Neues und Unbekanntes. Das Papier bleibt auf der Basis, die die Medizinische und Gesundheitsinformatik seit sehr vielen Jahren – vielleicht sogar Jahrzehnten – beforscht und fordert. Das fehlende Überraschende muss nichts Anrüchiges sein und zeigt, dass die Strategie tatsächlich für die Gegenwart und nicht für die allzu weite Zukunft entwickelt wurde.

Es bedeutet auch, dass die Strategie kurzfristig ins operative Handeln übersetzt werden muss. Im Zentrum dieses Handelns steht die ePA, die von den Krankenkassen technisch bereitgestellt wird. Das ist ein kluger Plan. Dieser muss jedoch tatkräftig umgesetzt werden, denn die ePA ist bislang bei den Bürgern weitestgehend unbekannt – geschweige denn mit Daten befüllt. Hier sind nach der Strategie ganz schnell taktisches und operatives Handeln gefragt. Dieses verlangt Mut und Gemeinsamkeit, zwei Tugenden, die bei den Digitalisierungsbemühungen aktiv eingefordert werden müssen:

  • Mut, den Ärzten zu sagen, dass das Einstellen von Patientendaten in die ePA in maschinenlesbarer Form eine Selbstverständlichkeit ist, die nach Art. 20 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) von den Patienten jederzeit eingefordert werden kann. Ohne ePA hätten die Ärzte ein Problem, der DSGVO gerecht zu werden.
  • Mut, den Krankenkassen zu sagen, dass die physische Datenhaltung – trotz aller Beteuerungen der Einhaltung des Datenschutzes – nicht im Auftrag der Krankenkassen erfolgen kann, wenn die ePA als vertraulich von den Bürgern wahrgenommen werden soll.
  • Gemeinsamkeit aller Akteure, ihren Beitrag zu Lösungen zu leisten: Medizinische Informationsobjekte (MIO) schnell in großer Anzahl entwickeln, FHIR-Schnittstellen für Arztpraxissoftware, Informationssysteme in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Reha-Kliniken und MVZs kostengünstig bereitstellen sowie Prozesse und Mitarbeiter für die Informationslogistik à la ePA vorbereiten und die Versicherten nicht nur informieren, sondern mitnehmen. Die jeweiligen Akteure dieser Beispiele mögen sich angesprochen fühlen.

Nur so ist das Bild von Karl Lauterbach auf Seite 6 des Digitalisierungsdokumentes, auf dem sich sein Kopf aus einem grob verpixelten Hintergrund scharf herausschält, keine Fotomontage, sondern Abbild der Wirklichkeit.

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