Vorstandsvorlage

Klinikmanagement ist Sisyphosarbeit

  • Strategie
  • Management
  • 23.10.2025

f&w

Ausgabe 10/2025

Seite 904

Dr. Markus Horneber
Immer mehr Klinikverantwortliche fühlen sich von der Bürokratie erdrückt – Gestaltungsspielräume schwinden, die Motivation sinkt. Doch wie Sisyphos können auch sie lernen, das Unveränderbare zu akzeptieren und dort mutig zu handeln, wo Einfluss möglich ist, meint Agaplesion-Chef Markus Horneber.

Kürzlich traf ich bei einer Tagung einen Krankenhauschef, der jetzt entnervt aufhören will – die wertvolle Zeit wird von der Bürokratie aufgefressen, die Energie ist raus, Gestalten ist nicht mehr. Ich kenne viele Kollegen, denen es ähnlich geht. Da frage ich mich, wieso Albert Camus sagte, Sisyphos wäre ein glücklicher Mensch gewesen. Lebte er doch – so wie wir – ständig in der Angst, seine immer gleiche Arbeit könnte nie enden und der große Stein (der Bürokratie) ihn überrollen.

Die motivierende Interpretation von Camus geht so: Erst erfährt Sisyphos seine Aufgabe als sinnlos. Dann beginnt er, die Dinge hinzunehmen. Er sucht zwar vergeblich nach einem Sinn, kann die ewig gleiche Handlungsabfolge aber akzeptieren und so einen Teil seiner Freiheit zurückerobern. Freiheit heißt, Unveränderbares zu akzeptieren, aber dort Entscheidungen zu treffen, wo eine Einflussmöglichkeit besteht. Der Kampf gegen die Bürokratie – er vermag wohl ein Menschenherz auszufüllen.

Nun geht es uns in der Kliniklandschaft ähnlich. Die eigenen Entscheidungsmöglichkeiten werden durch Bürokratie und Regularien immer weiter eingeschränkt. Dabei ist die Eigenlogik der Medizin auf unbegrenztes Wachstum ausgerichtet. Es gibt keinen inneren Grund, nicht noch mehr Krankheiten zu heilen, noch präziser zu diagnostizieren und noch aufwendiger zu behandeln. In einer Gesellschaft, in der die Verfassung das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit garantiert, müssen Kranke behandelt werden – Gott sei Dank.

Und doch wird das kleine Stück Freiheit immer geringer. Denn der Verdacht, dass Klinikleistungen nur aus ökonomischen Gründen angeboten werden, sorgt für weitere Regularien und mehr Kostendruck.

Dabei wäre die Lösung doch eigentlich so einfach: Subsidiarität. Und Vertrauen. Vertrauen in das Know-how in den Medizineinrichtungen und eine Entscheidungsfindung dort, wo sie einen unmittelbaren Einfluss hat.

Wir als Eigentümer von Gesundheitseinrichtungen müssen viele Entscheidungen so hinnehmen, bei denen wir oft vergeblich nach einem Sinn suchen. Umso wichtiger ist es, sich genau dann sein Stückchen Freiheit zurückzuerobern und dort zukunftsgerichtete Entscheidungen zu treffen, wo wir eine Einflussmöglichkeit haben.

Ein großer Schritt ist dabei die KI. Dort kann den bürokratischen Hürden mit innovativen Ideen begegnet werden, beispielsweise durch das Diktieren von Arztbriefen direkt in die elektronische Patientenakte. Oder durch das intelligente Steuern von Patientenströmen in der Notaufnahme. Aber auch, indem auf fortschrittliche Behandlungsmethoden gesetzt wird. Zum Beispiel durch PDMS-Systeme in der Intensivmedizin. Oder KI-gestützte Radiotherapie und Photon Counting CT, wie wir sie im Frankfurter Markus Krankenhaus einsetzen.

Während Sisyphos seinen Stein also ganz alleine rollen musste, rollen wir ihn als Gesundheitseinrichtungen gemeinsam. Als Agaplesion mit unseren 22.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. So erobern wir uns unser Stück der Freiheit zurück, immer dem Gipfel entgegen.

Autor

f&w führen und wirtschaften im Krankenhaus

Die Fachzeitschrift für das Management im Krankenhaus

Erscheinungsweise: monatlich

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