Agaplesion ist wirtschaftlich stabil und strategisch aktiv: Der christliche Gesundheitskonzern fusioniert Kliniken, baut eine KI-Abteilung auf und positioniert sich neu im ambulanten Markt. Im Interview spricht Vorstandschef Markus Horneber über das Jahresergebnis, die Herausforderungen der Krankenhauspolitik und ein historisches Projekt in Darmstadt.
Herr Horneber, Agaplesion hat 2024 ein Umsatzplus von 7,2 Prozent auf 1,94 Milliarden Euro erzielt. Der Jahresüberschuss lag bei 5,2 Millionen Euro. Wie bewerten Sie das Jahresergebnis?
Es ist eigentlich zu wenig. Wir wünschen uns ein EBITDA zwischen vier und sechs Prozent, um entsprechend investieren zu können. Angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation und im Vergleich zur Branche können wir aber zufrieden sein.
Was sind die Gründe für dieses insgesamt positive Ergebnis?
Was uns weiterhilft, ist der Service- und Logistikbereich. Der Umsatz ist hier auf 195 Millionen Euro geklettert. Mit diesem Geschäft lässt sich Geld verdienen, weil wir unabhängig von einer überbordenden Regulatorik schlicht mit unserer großen Kompetenz am Markt überzeugen. Es wächst jährlich um 15 bis 20 Prozent, auch weil wir vermehrt Aufträge von extern annehmen. Zum Vergleich: Mit den Medizinischen Versorgungszentren machen wir einen Umsatz von 30 Millionen Euro, bei unseren Wohn- und Pflegeeinheiten sind es 225 Millionen Euro.
Wie sieht angesichts der politischen Lage Ihre Prognose für die kommenden Jahre aus?
Wir haben keine Verschuldung, kein Minus und sind sehr solide aufgestellt. Auch baulich haben unsere Häuser eine sehr gute Basis. Ich bin guter Dinge, auch weil wir personell gut aufgestellt sind. Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten ist marktentscheidend – und darin ist Agaplesion gut.
Können Sie das in Zahlen ausdrücken?
Wir haben seit 2022 über 700 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege gewonnen. Dass sie sich alle für Agaplesion entschieden haben, zeigt uns, da s wir ein sehr interessanter Arbeitgeber sind.
Wie wird das neue Leistungsgruppensystem Ihr medizinisches Angebot verändern?
Wir haben alle unsere Häuser strategisch vor dem Hintergrund der NRW-Leistungsgruppensystematik analysiert. Da wir schon immer unser Portfolio restrukturieren und zum Beispiel kleine Krankenhäuser an größere Träger vor Ort abgeben – beispielsweise in Worms, Dessau oder Seehausen –, sind wir strukturell gut positioniert. Nun gilt es, starke Fachabteilungen weiter auszubauen.
Viele Klinikchefs kritisieren die geplante Vorhaltepauschale. Ist dieses Finanzierungsinstrument aus Ihrer Sicht noch zu retten?
Ich hoffe, es rettet sie niemand! Auch ich setze mich intensiv dafür ein, dieses völlig ungeeignete Instrument nicht einzuführen. Ich kenne keinen Experten, der die Auswirkungen einer Einführung auf die Krankenhauslandschaft wirtschaftlich und strukturell einschätzen könnte. Das ist ein hyperkomplexes und höchst überflüssiges Bürokratiemonster. Vorhaltung in städtischen oder Metropol-Regionen ist nicht erforderlich – hier muss die Krankenhausplanung nicht bedarfsnotwendige Behandlungskapazitäten schlicht aus dem Markt nehmen, beispielsweise durch ein Instrument wie den Zertifikatehandel. Für ländliche Räume haben wir bereits die Sicherstellungszuschläge, die weiterentwickelt werden können.
In Darmstadt plant Agaplesion eine Zusammenführung des Elisabethenstifts mit dem städtischen Klinikum. Unter dem Dach einer neuen Holding soll aus den beiden Häusern ein gemeinsames Krankenhaus entstehen. Ein besonderes Projekt: Was sind aus Ihrer Sicht die großen Hürden?
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Evangelischer Klinikkonzern
Agaplesion ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft (gAG), in der sich überwiegend evangelische Einrichtungen zusammengeschlossen haben. Die Aktionäre sind ausschließlich kirchliche und diakonische Träger. Es gibt keine Dividendenausschüttung – alle Gewinne fließen zurück in den Konzern. Unter dem Dach von Agaplesion befinden sich 20 Krankenhausstandorte und mehrere Pflegeeinrichtungen. Zu den großen Kliniken zählen das Markus-Krankenhaus in Frankfurt (530 Betten), das Diakonieklinikum Rotenburg in Rotenburg (700 Betten) und das Klinikum in Hagen (560 Betten). Der Konzern beschäftigt rund 22.000 Mitarbeitende und versorgt jährlich etwa eine Million Patientinnen und Patienten.