Das im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) diskutierte gestufte Notfallkonzept würde dazu führen, dass 655 Standorte in Deutschland nicht mehr an der Notfallversorgung teilnehmen würden. Das sagte Wulf-Dietrich Leber, Abteilungsleiter Krankenhäuser beim Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) auf dem 16. Nationalen DRG-Forum am Donnerstagnachmittag in Berlin. Das im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) diskutierte Konzept sieht demnach drei Stufen vor: Eine umfassende Notfallversorgung (etwa 77 Häuser), eine erweiterte Notfallversorgung (219 Häuser) und eine Basisnotfallversorgung (774 Häuser).
Leber verteidigte diesen Ansatz mit Verweis auf die Fähigkeiten vieler Krankenhäuser: „Da gibt es ganz viele Kliniken, wo sie hinkommen und zum Rettungswagenfahrer sagen: ‚bitte weiterfahren, weil die Ausstattung des Rettungswagens besser ist als die des Krankenhauses.‘“ Wegen der politischer Brisanz dieser Frage habe die Politik das Thema aber auf die Zeit nach der Bundestagswahl im September verschoben.
Die Einführung von Portalpraxen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) an den Kliniken sei nur zum Teil gelungen. „Seitdem haben wir ein Problem: Kommt der Patient erst ins Krankenhaus und dann in die Portalpraxis, wenn er auch dort versorgt werden kann, oder umgekehrt? Die Realität sei: „Die Pförtner entscheiden.“ Eine vernünftige Lösung sehe wohl so aus, dass die Krankenhäuser die Triage organisierten.
Insgesamt sei von der Krankenhausreform mittlerweile etwa die Hälfte umgesetzt. „Alles was Qualität angeht ist verschoben worden auf die Zeit nach der Wahl“, sagte Leber. Manches bereits Geregelte stehe wieder an, sagte der GKV-Vertreter mit Blick auf das Entlassmanagement. Hier hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) gegen den Spruch der Schiedsstelle geklagt. Die Krankenhäuser würden teilweise ins KV-System integriert, etwa bei der Vergabe einer lebenslangen Arztnummer an Krankenhausärzte. „Das mit der KV hat natürlich etwas Erniedrigendes, das sehen wir ein“, sagte Leber. Er wies auf eine unklare Lage hin: „Tritt das jetzt in Kraft am 1. Julie oder nicht?“ Leber weiter: „Ohne neues Gesetz gibt es keine Einigung.“
Lebers Ausführungen zeigen, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gerade ein solches Gesetz erwägt. Dies könne eine Identifikationsnummer für Klinikärzte außerhalb des KV-Systems zum Inhalt haben. Leber sprach von einer „Pseudonummer“ und fügte hinzu: „Man muss sich als Krankenhausmanager darauf einstellen, dass es irgendwann eine Nummer gibt. denn eines geht nicht: dauerhaft anonyme Verschreibungen im KV-System.“
Ambulant tätige Krankenhäuser, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, müssten sich aber ins KV-System fügen. „Das Geschimpfe der DKG hat so etwas wie ‚ich fahre nach England und will trotzdem auf der rechten Seite fahren‘“, frotzelte Leber. Für äquivalente Leistungen – etwa ambulante Operationen – verlangte er ein gedeckeltes Budget, für die Tätigkeit von Hochschulambulanzen eine „klare Definition“.
In punkto Pflege verlangt Leber mehr Transparenz. Mit scharfen Worten kritisierte er die Veröffentlichungen beispielsweise des Helios Klinikums Erfurt. Dort werde für jede Abteilung die selbe Zahl von Pflegekräften angegeben. „Man kann sagen: Helios lügt“, sagte er, „und sie lügen mit Ansage.“ Die Vorschriften sähen zwar eine nachvollziehbare Veröffentlichung auf Stationsebene vor, aber Helios sage, das sei nicht möglich. Leber zu dieser Begründung: „Ha Ha.“
Unterm Strich seien in den Krankenhäusern nicht mehr Pflegekräfte nötig. „Die demografische Entwicklung findet in den Pflegeheimen statt“, sagte er mit Blick auf eine zunehmende Zahl von Pflegetagen dort. In den Krankenhäusern sänken diese eher, und Leber sieht dort mit Verweis auf Skandinavien noch mehr Potenzial. Viele Patienten, die in Deutschland ins Krankenhaus kämen, würden in den Nordländern dort nicht behandelt werden, sondern ambulant versorgt. Mehr Kontrollen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) seien nötig, „um endlich die Betten leer zu kriegen“, sagte Leber während der anschließenden Diskussion.
Für die nächste Wahlperiode erwartet Leber einen Schwerpunkt auf dem Thema Digitalisierung. „Wir werden über Regulierung sprechen, zum Beispiel die Elektroinische Patientenakte und die Fragen, wer dort Module lesen darf, überschreiben, löschen, verkaufen, vererben.“