Orientierungswert Rudolf Henke

Bürokratie erstickt die ärztliche Arbeit

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Alle zwei Jahre beauftragt der Marburger Bund das Institut für Qualitätsmessung und Evaluation mit der Durchführung einer Mitgliederbefragung, um ein aktuelles Bild von den Arbeitsbedingungen angestellter Ärztinnen und Ärzte zu erhalten. Der neue MB-Monitor 2017 enthält eine Reihe sehr aufschlussreicher Ergebnisse. So zeigen die Umfragedaten, wie groß die Probleme durch den Personalmangel im ärztlichen wie pflegerischen Dienst der Krankenhäuser inzwischen sind und welche Auswirkungen dies auf die Arbeitssituation der Ärzte und ihr Privat- und Familienleben hat.

Ich finde es besonders bemerkenswert, welchen Stellenwert die Mitglieder des Marburger Bundes dem Personalaufbau in der Pflege beimessen. Insgesamt drei Viertel der befragten Ärzte halten mehr Personal im pflegerischen Dienst für „sehr wichtig“ (52 Prozent) oder „am wichtigsten“ (23 Prozent). Fast genauso wichtig ist den Ärzten die Personalaufstockung in der eigenen Berufsgruppe („sehr wichtig“: 49 Prozent, „am wichtigsten“: 23 Prozent). 
Ärzte erleben täglich die Unterbesetzung auf den Stationen und wissen aus eigenem Erleben, wie wichtig funktionierende Teams im Krankenhaus sind. Von einem Personalaufbau im nicht-ärztlichen Bereich versprechen sich Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus auch eine bessere Patientenversorgung. 70 Prozent der Befragten erhoffen sich mehr Zeit für ihre ärztliche Tätigkeit, indem sie durch nicht-ärztliches Personal entlastet werden. Aktuell beklagen mehr als zwei Drittel der Klinikärzte (78 Prozent), dass sie derzeit nicht ausreichend durch nicht-ärztliches Fachpersonal entlastet werden, zum Beispiel bei administrativen Tätigkeiten.

Der Abbau von Bürokratie rangiert ebenfalls unter den Top-Prioritäten der Ärzte. Die Umfragedaten deuten darauf hin, dass der zeitliche Aufwand für administrative Tätigkeiten, die über ärztliche Aufgaben hinausgehen, weiter zugenommen hat. Jeder vierte Arzt im Krankenhaus (26 Prozent) verbringt inzwischen mehr als drei Stunden pro Tag mit Verwaltungstätigkeiten wie Datenerfassung, Dokumentation und Organisation. Ein Drittel schätzt den täglichen Zeitaufwand für administrative Tätigkeiten auf ein bis zwei Stunden (33 Prozent) oder zwei bis drei Stunden (29 Prozent). Nur elf Prozent beziffern den Zeitaufwand auf weniger als eine Stunde täglich. Bei früheren Mitgliederumfragen des Marburger Bundes waren die Prozentangaben geringer.

In einem Freitext-Kommentar schreibt einer der Ärzte:

„Der Dokumentationswahn nimmt immer mehr überhand, Teamassistenten werden nicht eingestellt, sodass man sämtliche administrative Tätigkeiten selbst erledigen muss: z.B. Termine für Untersuchungen vereinbaren, Blutröhrchen bekleben, Akten sortieren.“

Durch den grassierenden Kontroll- und Dokumentationswahn wird ungeheuer viel ärztliche Arbeitskraft gebunden und wertvolle Arbeitszeit verschwendet, die wir für die Patientenbehandlung brauchen. Die Bürokratie erstickt die ärztliche Arbeit. Der Abbau von Bürokratie hat deshalb hohe Priorität. Ärzte und Pflegekräfte brauchen hier gleichermaßen Entlastung. Ich verstehe die Ergebnisse des MB-Monitor 2017 deshalb auch als Auftrag an Politik und Selbstverwaltung, die Entbürokratisierung im Gesundheitswesen endlich stärker voranzutreiben.

Autor

 Rudolf Henke

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