Urteil

Kliniken müssen bei neuen OP-Methoden umfassend informieren

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Kliniken müssen bei neuen OP-Methoden umfassend informieren
© iStock.com/AlexRaths

Wenn ein Arzt bei einer Operation eine neue, noch nicht allgemein eingeführte Methode einsetzt, muss der Patient über die besonderen Umstände informiert werden. Er muss dann besonders darauf hingewiesen werden, dass es sich um ein neues Verfahren handelt, bei dem auch unbekannte Risiken auftreten können. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm Ende Januar entschieden, wie das Gericht jetzt in einer Pressemitteilung bekanntgab (Az. 26 U 76/17 OLG Hamm). Das OLG bestätigte somit ein Urteil aus erster Instanz.

Die Klägerin war im April 2008 wegen einer Belastungsharninkontinenz in die urodynamische Sprechstunde eines Krankenhauses in Siegen gegangen. Ihr wurde dort vorgeschlagen, operativ ein  Netz einzubringen. Hierbei handelte es sich um eine im Jahr 2008 nicht allgemein eingeführte, sogenannte Neulandmethode. Nach einem weiteren ärztlichen Aufklärungsgespräch stimmte die Klägerin dem Operationsverfahren zu. Nach der Operation litt die Klägerin unter anderem weiterhin an Harninkontinenz und unterzog sich daraufhin fünf weiteren Operationen. Die Schmerzen blieben bestehen. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz, weil sie nur unzureichend über alternative Behandlungsmethoden und Risiken der Neulandmethode aufgeklärt worden sei.

In erster Instanz hatte das Landgericht Siegen der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000 Euro zugesprochen. Mit dem jetzigen Urteil hat das OLG die Verurteilung nun bestätigt. Der operative Eingriff sei „nicht von einer wirksamen Einwilligung der Klägerin gedeckt gewesen“, heißt es in einer Pressemitteilung des OLG. Die Klägerin sei zuvor fehlerhaft über die unzureichende Erfahrung mit den möglichen Folgen des neuen Operationsverfahrens aufgeklärt worden. Zwar sei die Klägerin neben der Neulandmethode auch über ein standardisiertes, klassisches Operationsverfahren aufgeklärt worden. Die Aufklärung über die Neulandmethode sei allerdings unzureichend gewesen, weil die Klägerin nicht in hinreichender Weise auf die seinerzeit noch nicht abschließend bekannten Risiken der neuen Methode hingewiesen worden sei.

Laut einem Sachverständigen habe das neue Verfahren im Jahre 2008 zwar als „erfolgversprechender als die bisherige, klassische Methode gegolten“. Es habe aber zu dieser Zeit in Deutschland noch keine belastbaren Informationen über konkrete Risiken der Methode gegeben. Die klinische Erprobungsphase des Verfahrens sei noch nicht abgeschlossen gewesen. So sei auch noch nicht bekannt gewesen, dass das Einsetzen eines Netzes im Beckenbodenbereich massive gesundheitliche Probleme nach sich ziehen könne. „Bei dieser Sachlage habe die Klägerin explizit darauf hingewiesen werden müssen, dass es sich um ein neues, noch nicht abschließend beurteilbares Verfahren handele“, heißt es in der Pressemitteilung des OLG. Ihr hätte ausdrücklich verdeutlicht werden müssen, dass auch unbekannte Komplikationen auftreten könnten. Als Patientin habe sie in die Lage versetzt werden müssen, für sich sorgfältig abzuwägen, ob sie sich nach der herkömmlichen Methode mit bekannten Risiken operieren lassen wolle – oder nach der neuen Methode unter Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Vorteile und der noch nicht in jeder Hinsicht bekannten Gefahren. Diesen Anforderungen habe die Aufklärung nicht genügt.

Autor

 Hendrik Bensch

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