Minister Spahns Diskussionsentwurf zur Notfallversorgung ist seit zwei Monaten öffentlich und er wird heiß diskutiert. Nun hat der GKV-Spitzenverband seine Positionen präsentiert. Bekannt ist dessen Forderung, dass der Rettungsdienst unter Bundeshoheit gestellt werden soll – das wollen auch der Sachverständigenrat und Gesundheitsminister Jens Spahn. Außerdem müssten die Kassen „in die Rettungsdienstplanung einbezogen“ werden, verlangt GKV-Vorstand Stefanie Stoff-Ahnis. Das klingt wie Gift für die Bundesländer. Denn deren Innenministerien sträuben sich dem Vernehmen nach vehement dagegen, die Macht über den Rettungsdienst abzugeben. Für eine erforderliche Grundgesetzänderung muss Spahn den Ländern etwas bieten – einen Milliardendeal. Doch soweit scheint die Diskussion zwischen Bund und Ländern noch nicht fortgeschritten zu sein. Es ist also unklar, ob der Rettungsdienst in absehbarer Zeit wirklich nach einheitlichen Vorgaben organisiert werden kann.
GKV fordert Quantensprung der Leitstellen
Von den Leitstellen, die die Notrufe annehmen, erwarten die Krankenkassen einen Quantensprung. Stoff-Ahnis erklärte heute in einer Presseveranstaltung: „Die Leitstellen müssen in Echtzeit auf vorhandene Ressourcen zugreifen können. Auch die Patientendaten sollten vorab ans Krankenhaus übertragen werden, bevor der Rettungswagen eintrifft.“ Bisher sind die Leitstellen regional bis lokal organisiert. Leitstellen seien „der ganze Stolz der Landräte“, moniert Wulf-Dietrich Leber, Abteilungsleiter Krankenhäuser beim GKV-Spitzenverband. Doch oft fehle den Rettungswagen der Durchblick, wo das beste Krankenhaus für den Patient sei. Außerdem fehle eine Bundesdatenbank aller Rettungsfahrten – Tracking, Analyse und Qualitätskontrolle seien so kaum möglich. „Mit dem Transport unserer Pakete gehen wir sehr viel verantwortungsvoller um als mit dem Transport unserer Patienten“, schimpfte Leber.
KBV soll liefern
Was die Integrierten Notfallzentren an Krankenhäusern betrifft, den Kern der Reform, distanziert sich der GKV-Spitzenverband vom Entwurf des Ministeriums. Ein eigenes Vergütungssystem lehnt die GKV ab. Auch soll der Sicherstellungsauftrag bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) verbleiben. Ein gemeinsamer Tresen im Krankenhaus soll entscheiden, ob ein Patient in der von der KV betriebenen ambulanten Notaufnahme an einer Klinik oder in die stationäre Behandlung überwiesen wird. Für die ambulante Notfallversorgung sollen die Kassenärzte die Verantwortung übernehmen, also auch abends, nachts und an Wochenenden. Die GKV möchte den Sicherstellungsauftrag somit nicht aus den Händen der Kassenärzte nehmen, sondern ihn stattdessen konkretisieren. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), und seinem Klientel dürfte dieser Vorschlag nicht schmecken – ist doch bekannt, dass die Kassenärzte nicht willens sind, an Wochenenden und Nachts die Versorgung vollumfänglich zu übernehmen.
Kein Konzept für den Tresen
Der gemeinsame Tresen ist in der Vorstellung der GKV kein Ort, an dem Behandlungskosten anfallen, sondern dessen Personal lediglich in einen der Arme verweist. Ein genaues Konzept wollte der GKV-Spitzenverband dazu aber nicht vorlegen. Wichtig sei eine Kooperationspflicht, erklärt Stoff-Ahnis: „Beide Seiten müssen für den Tresen Personal abstellen.“ Die Gründung einer gemeinsamen Wirtschaftseinheit – wie vom Minister und dem Sachverständigenrat erdacht – lehnt Stoff-Ahnis ab. Zur Vergütung erklärte Leber: „Für die ambulante Notfallversorgung haben wir ein grundsätzlich funktionierendes Vergütungssystem. Bei den Fallpauschalen im stationären Sektor wäre vielleicht die ein oder andere Anpassung notwendig.“