Kurz vor Jahreswechsel kündet das Kreiskrankenhaus Weilheim-Schongau die Entlassung mehrerer hundert Mitarbeiter an. Insgesamt werden in den kommenden Monaten 211,7 Vollzeitkräfte abgebaut. "Das ist keine schöne und vor allem keine Qualitätsentscheidung, aber sie ist alternativlos zur Insolvenz. Wir können schlicht diese Mitarbeiter nicht mehr bezahlen", sagt Geschäftsführer Thomas Lippmann im Gespräch mit Bibliomed. Wie viele andere Klinikmanager schießt er scharf gegen die Berliner Bundespolitik.
"Wir baden vor Ort die Folgen eines kranken Krankenhaussystems aus. Dass wir in Zeiten des Fachkräftemangels 200 Vollzeitkräfte auf die Straße setzen müssen, weil es die Rahmenbedingungen für Krankenhäuser nicht mehr hergeben, ist absurd."
Das Kreiskrankenhaus arbeitet seit vielen Jahren defizitär. Für kommendes Jahr hat der Kreistag ein Massnahmenpaket von insgesamt 27 Millionen Euro zugesagt, der für Sozialplan, Verlustausgleich und Investitionen eingeplant ist. 2025 sollen noch einmal 12 Millionen Euro fließen. Ab 2026 will der Kreis nur noch acht Millionen Euro Defizitausgleich überweisen. Da die Patientenzahlen kaum steigen werden, bleiben nur "Effizienzgewinne" und "Personalanpassungen", so Lippmann. Der Stellenabbau betrifft alle Berufsgruppen, vor allem die Unterstützungsdienste. Der Geschäftsführer ist optimistisch und hofft, dass das Krankenhaus die medizinische Qualität halten kann. „Man wird aber merken, dass zum Beispiel kein Geld für Hilfskräfte mehr da ist“, prognostiziert er.
Auch Pflegekräfte werden entlassen
Den Standort Schongau trifft es am stärksten. Hier fallen 162 Vollzeitstellen weg, an die 200 Menschen müssen sich einen neuen Job suchen. Das Krankenhaus wird es ab März 2024 als 24/7 Krankenhaus nicht mehr geben, es wird zu einem Ambulanzzentrum mit kleinem stationärem Angebot und Altersmedizin umgestaltet. Die Entlassungen ziehen sich durch alle Berufsgruppen – auch Ärzte und examinierte Pflegekräfte sind darunter. Immerhin bleibe der Standort erhalten, so Lippmann. "Ob der eine Insolvenz überlebt hätte, ist fraglich."
In Weilheim werden sie allerdings keine neue Stelle finden – im Gegenteil. Um das Defizit zu reduzieren, müssen auch dort 49,5 Vollzeitkräfte (an die 60 Mitarbeiter) gestrichen werden. Betroffen ist vor allem niedrig qualifiziertes Hilfspersonal, Verwaltungsmitarbeiter und einige Ärzte, so Lippmann. Examinierte Pflegekräfte werden in Weilheim hingegen nicht entlassen. Wen es konkret trifft, ist derzeit noch nicht bekannt. Der Betriebsrat erhält in diesen Stunden erste Vorschlagslisten und prüft, ob der Sozialplan eingehalten wird.
Kritik an Bürgerentscheid
Einen Seitenhieb kann sich Lippmann nicht verkneifen. Eine Bürgerinitiative hatte 2022 per Bürgerentscheid einem zu prüfendem Neubau samt Zukunftskonzept auf "grüner Wiese" verhindert und den Erhalt zweier eigenständiger Standorte durchgesetzt. "Wir hätten auch in diesem Szenario Effizienzen heben müssen. Ich bin aber überzeugt, dass diese Schritte deutlich milder ausgefallen wären als jetzt. Auch gegenüber dem Landkreis wären wir in einer besseren Ausgangssituation gewesen und hätten vielleicht mehr Zeit mit dem vorhandenen Personalstand bekommen", sagt Lippmann.
Kurz vor Weihnachten erhalten viele Mitarbeiter am #Kreiskrankenhaus#WeilheimSchongau ihre #Kündigung, darunter viele #Pflegekräfte. Geschäftsführer Thomas Lippmann erklärt, warum. https://t.co/ISweMF2M7j
— BibliomedPflege (@BibPflege) December 7, 2023