Führende Kindermediziner schlagen angesichts der Lage an deutschen Kinderkliniken Alarm. "Inzwischen ist das System das gesamte Jahr durchgängig am Limit, nicht mehr nur während der Infektwellen im Winter", sagte Florian Hoffmann, der neu gewählte Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), gegenüber der Zeitschrift „Stern“. "Die Stationen sind oft überbelegt.“ In allen Kinderkliniken herrsche Überlastung, sagte Hoffmann, der selbst Kinderintensivmediziner an der LMU München ist.
Zugleich kritisierte Hoffmann die Bundesregierung. "Die Kinder sind die Verlierer", sagte er über den Entwurf der neuen Krankenhausreform, der gerade vom Bundeskabinett beschlossen wurde. "Ich hatte mir erhofft, dass der Schutz der Kinder mit der neuen Reform an erster Stelle gesetzt wird."
Dabei hatte die Politik das Problem eigentlich längst erkannt und mehrere Regelungen umgesetzt, die für finanzielle Entlastung sorgen sollen. In den Jahren 2023 und 2024 sollten jeweils 300 Millionen Euro als Geldspritze an Kinderkliniken verteilt werden. Nachhaltig bewirkt hat das bisher nicht viel: "Das Geld hat uns sehr geholfen, aber angesichts der chronischen Unterfinanzierung gelingt damit allenfalls ein Defizitausgleich", sagt auch Carsten Jochum, Geschäftsführer der DRK-Kinderklinik Siegen, im Bilanzgespräch der neuen Ausgabe von f&w.
Geplant ist außerdem, Kinderkliniken mit 60 Prozent über das Vorhaltebudget und nur noch 40 Prozent DRG zu finanzieren. "Wir als Kinder- und Jugendmedizin wollen ganz raus aus den DRG", so Jochum. "Wir brauchen vor allem ein Konzept für den Ausstieg aus den Fallpauschalen."
Ein gravierendes Problem der Kinderkliniken sind die starken Schwankungen in der Auslastung: "Wir sprechen hier von einer Auslastung von teilweise 50 Prozent in den Sommermonaten, aber teils über 100 Prozent in den Wintermonaten", sagt Markus Pingel, der Ärztliche Direktor der DRK-Kinderklinik Siegen. "Da müsste auch bei der Bezahlung etwas getan werden, um solche Arbeitsplätze attraktiver zu machen."
Im Magazin "Stern" forderte auch Jörg Dötsch, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), finanzielle Anreize: "Damit Pflegekräfte jetzt aus der Rente oder der Berufspause zurück in den Beruf kommen und Teilzeitkräfte ihre Stunden aufstocken."
Das f&w-Bilanzgespräch finden Sie hier.