Deutschlands größtes Klinikum, die Charité, braucht Geld für ein neues Krankenhausinformationssystem (KIS). In Amtsdeutsch heißt das: „Wegen der besonderen Dringlichkeit sind für diese Maßnahme beginnend für 2024 Verpflichtungsermächtigungen und ein erster Ausgabenansatz in 2025 im Rahmen des Entwurfs des Doppelhaushalt 2024/25 vorgesehen. Das Vorhaben ist unabweisbar erforderlich, weil zentrale Bestandteile des gegenwärtig genutzten Systems zum Jahr 2027 gekündigt wurden und die Ausschreibung für ein neues System im Zeitraum des Doppelhaushaltes haushaltsrechtlich ermöglicht werden muss.“ So beschreibt es der Berliner Senat und nennt dabei auch die Zahl von 90 Millionen Euro, die im Berliner Haushalt für das neue KIS reserviert werden sollen.
Die Charité muss aufgrund des Rückzugs von SAP aus dem KIS-Markt reagieren. Der Walldorfer Datenbankspezialist wird sein KIS ISH-Med nach 2027 nicht mehr unterstützen und damit müssen sich mehr als 200 deutsche Krankenhäuser, darunter viele Unikliniken und kommunale Großkrankenhäuser, auf KIS-Suche begeben. Da sich die Kliniken bei einem KIS-Wechsel langfristig in die Hände eines Dienstleisters begeben, ist die Entscheidung weitreichend und kostspielig.
Die Charité ist diesbezüglich nicht nur wegen ihrer schieren Größe etwas Besonderes, sondern auch, weil der Berliner Klinikriese seit Jahren mit dem KIS des US-Konzerns Epic liebäugelt: Dieses KIS ist hochgradig skalierbar und steuert anderswo die Gesundheitsversorgung ganzer Regionen (zum Beispiel in Finnland oder Irland). Allerdings ist die Software des US-Riesen extrem teuer und hat bisher weder mit dem deutschen Klinikmarkt noch mit unserem Abrechnungssystem Berührungspunkte.
Insofern wartet die Branche gespannt, wie sich die Charité im nächsten Jahr entscheiden wird. Wie viel Geld der Berliner Senat dann schlussendlich für die Software berappen muss, entscheidet sich derweil erst, wenn die Charité einem KIS-Anbieter den Zuschlag erteilt hat. Noch haben die Berliner ihr KIS nicht ausgeschrieben. Geplant sei die Ausschreibung für Anfang 2024, erklärt die Uniklinik auf Nachfrage.
Die 90 Millionen Euro füs Charité-KIS gelten als relativ sicherer Posten im Doppelhaushalt 2024/25. Final entscheidet das Berliner Abgeordnetenhaus am späten Donnerstagabend (14. Dezember) über den Haushalt.