Die sieben angeklagten ehemaligen Vorgesetzten und Kollegen des Serienmörders und ehemaligen Pflegers Niels Högel dürfen auf einen Freispruch hoffen. Wie das Landgericht Oldenburg mitteilte, sei ein vorsätzliches Handeln der drei Angeklagten aus dem Klinikum Delmenhorst nicht mit "einer für eine Verurteilung ausreichenden Gewissheit belegt". Schon im Juli hatte das Gericht erklärt, dass sich auch für die vier Beschuldigten des Klinikum Oldenburg ein vorsätzliches Handeln für eine Verurteilung nicht belegen lasse.
In Delmenhorst sei zwar ein ansteigendes Misstrauen zu verzeichnen gewesen, ein "auch nur bedingter Vorsatz" lasse sich daraus jedoch nicht herleiten. "Aufgrund der Beweisaufnahme, insbesondere der eingehenden Vernehmung zahlreicher Mitarbeiter des Klinikums Delmenhorst, kann nicht mit hinreichender Gewissheit festgestellt werden, dass die Angeklagten den Tod ihrer Patienten als Folge tatsächlich erkannt und auf dessen Ausbleiben nicht vertraut haben." Auch im Klinikum Oldenburg habe es ein "beträchtliches Misstrauen" und ein "deutliches Unbehagen gegenüber dem Verhalten des Niels Högel" gegeben. Allerdings belegten diese Vorbehalte "nicht mit der erforderlichen Gewissheit den Nachweis eines vorsätzlichen Handelns im Hinblick auf eine Beihilfe zu einem Tötungsdelikt durch Unterlassen".
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten (versuchte) Tötung durch Unterlassen bzw. Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen vor. Am 25. Oktober soll das Urteil verkündet werden.
Der ehemalige Krankenpfleger Högel wurde 2019 wegen mehr als 90 Morden zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte Patientinnen und Patienten todbringende Substanzen verabreicht, um bei der anschließend notwendigen Reanimation Anerkennung von seinen Kolleginnen und Kollegen zu erhalten.