Der „Purpose“ eines Unternehmens, also die Legitimation der eigenen Arbeit und Existenz, wird zunehmend zu einem zentralen Thema in der Wirtschaft. Nur wer die gesellschaftliche Akzeptanz nicht verliert, wird auch künftig seine Produkte und Dienstleistungen verkaufen können, von Investoren und Analysten berücksichtigt und als Arbeitgeber attraktiv bleiben.
Diese Diskussion ist – auch und gerade in der Selbstwahrnehmung – für die Medizin neu. Wir beziehen unsere Legitimation traditionell aus dem Anspruch, doch prinzipiell „Gutes“ zu tun, nämlich Menschen zu helfen und zu heilen. Diese verkürzte Sichtweise wird aber auf Dauer nicht reichen. Die Gesundheitswirtschaft als eine der wichtigsten Branchen in den Industrieländern emittiert mehr als etwa der Flugverkehr oder die Schifffahrt, allein in Deutschland jährlich rund 60 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent und damit 5,2 Prozent der gesamten nationalen Emissionen. Es sind also nicht nur „die Anderen“, die Automobil- oder Energiewirtschaft, die spürbar zum Klimawandel beitragen. Es ist auch und in erheblichem Umfang unsere eigene Profession. Diese Erkenntnis und die damit verbundene Verantwortung zum konkreten Handeln setzt sich nur sehr zögerlich durch.
Zudem wird eine gute medizinische Versorgung allein für eine gute Marktposition eines Krankenhauses in Zukunft nicht mehr ausreichen. Ich bin davon überzeugt, dass auch die Komponente „Nachhaltigkeit“ in nicht allzu ferner Zukunft erheblichen Einfluss auf die Wahl der Patienten für das richtige Krankenhaus, aber auch für die Attraktivität als Arbeitgeber für die Beschäftigten hat.
Nur in einer intakten Umwelt können Menschen gesund leben. Und nur mit digitalen, effizienten Prozessen kann ein Krankenhaus tatsächlich grüner und nachhaltiger werden, ohne Abstriche bei der Versorgung der Patienten zu machen. Ein funktionierendes „Green Hospital“ entsteht also nicht über Nacht. Es benötigt als Basis ein „Smart Hospital“. Beiden großen Zukunftsaufgaben, die unmittelbar zusammenhängen und sich gegenseitig verstärken, muss sich die Medizin mit Nachdruck widmen. Nur dann kann sie ihrem ganzheitlichen Anspruch gerecht werden, das Wohlergehen der Menschen in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen.