Symposium

Telekonsile zur Selbstverständlichkeit machen

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Telekonsile zur Selbstverständlichkeit machen
© GettyImages/greenbutterfly

Unter dem Motto "Die Zukunft ist digital: Jetzt austauschen, vernetzen und voneinander lernen" dikutierten in einem Symposium verschiedene Akteure zur vernetzten Gesundheitsversorgung. Veranstalter waren das Virtuelle Krankenhaus NRW und das ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin in Kooperation mit der Fernuniversität Hagen. 

"Die demographische Entwicklung stellt die medizinische Versorgung vor große Herausforderungen", sagte Lars Andre Ehm, Referatsleitung Digitalisierung im Gesundheitswesen, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein Westfalen. Besonders Corona hätte gezeigt, dass es Hürden gibt, die es zu überwinden gilt. Viele Kliniken würden sich spezialisieren und ihre Stärken ausbauen. "Um den Menschen bestmögliche Versorgung zukommen zu lassen, brauchen wir Kooperationen. Neue Versorgungsangebote, die auf Zusammenarbeit und Vernetzung basieren, sind für uns zukunftsweisende Indikatoren für das Gesundheitssystem". 

Virtuelles Krankenhaus

Telemedizinische Modelle sind nicht neu, die Coronapandemie hat ihnen jedoch einen Schub verpasst. Aus Sicht von Ehm sei das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) Vorreiter für den zukunftsorientierten Wandel medizinischer Versorgung. "Wie wichtig der Umgang mit Innovationen ist, lässt sich am Virtuellen Krankenhaus NRW verdeutlichen", so Ehm. Es ermögliche, dass medizinisches Fachwissen dank Digitalisierung zeitlich und örtlich ungebunden allen zur Verfügung stehen kann, nicht nur in Ballungsgebieten, sondern auch in ländlichen Regionen. Dieses wurde aus dem TELnet@NRW-Projekt weiterentwickelt. Mehr 600 Patient:innen konnten in rund 3.800 Telekonsilen von 30 Teleintensivmediziner:innen bisher behandelt werden. Anfangs bildeten Konsile rund um Covid-19 den Mittelpunkt. Inzwischen gibt es mehrere Indikationen, für die Telekonsile angefragt werden können: therapierefraktäre Herzinsuffizienz, resektable Lebertumore, seltene Erkrankungen und Intensivmedizin. Ehm betonte, dass das Ziel sei, das Virtuelle Krankenhaus zum festen Bestandteil der Regelversorgung zu machen, es zu verankern und unabhängig zu machen. "Das sind dicke Bretter, die zu bohren sind", sagte er. Ein weiteres Vorreiterprojekt ist der Telenotarzt, der 2014 in Aachen etabliert wurde. Bei dem Telenotarztsystem kann der Rettungsdienst am Einsatzort Kontakt aufnehmen und den Notarzt konsultieren. Dieser kann von der Leitstelle aus in Echtzeit die Vitaldaten verfolgen und anleiten, was vor Ort passieren soll. Seit der Nutzung des Systems konnte die Ressource Notarzt viel effizienter genutzt werden, so das Fazit. Das Ministerium in NRW treibe das Ziel nachdrücklich voran, den Telenotarzt bis 2025 in die Fläche zu bringen. 

Digitalisierung per Ministererlass

Doch auch außerhalb von Nordrhein-Westfalen gibt es vielversprechende telemedizinische Projekte, zum Beispiel Telecovid Hessen. Das Prinzip ähnelt dem Virtuellen Krankenhaus. Über die Telecovid Hessen-App können Krankenhäuser mit kleinerer Intensivkapazität zu einer Covid-Behandlung eine Zweitmeinung eines Intensivmediziners größerer Krankenhäuser einholen. Per Videotelefonie können sich die Krankenhäuser vernetzen und Befunde sowie Behandlungsdaten verschlüsselt übermitteln. So können auch vor einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus wichtige Informationen ausgetauscht werden. "Wir haben den Schwung der Krise genutzt und einen Ministererlass an alle Krankenhäuser geschrieben", erklärte Ben Michael Risch, Leiter des Referates für Krankenhausplanung, Rettungsdienst und Digitalisierung im Gesundheitswesen im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Per Erlass gab es eine Mitwirkungspflicht für alle Krankenhäuser. Die Kosten für das Projekt hat das Land Hessen getragen. Zu Beginn erhielt jedes Krankenhaus zwei iPad und die Möglichkeit der Desktop-Anwendung. Ziel war eine schnelle Lösung ohne aufwendige Einbindung in das KIS-System. "Alles andere hätte zu lange gedauert", sagte Risch. Die Idee sei aus Covid entstanden, sonst hätte es nicht funktioniert. Bis Ende Juni 2023 wird das Projekt vom Land Hessen weitergeführt und zu einem universellen Werkzeug der telemedizinischen Versorgung weiterentwickelt. Bisher gebe es gute Resonanz, so wurde beispielsweise von den Ärzten gelobt, dass auf den Stationen jetzt Wlan verfügbar wäre. Andere Einrichtungen des Gesundheitswesens, wie Fachkrankenhäuser oder Altenpflegeeinrichtungen signalisierten ebenfalls ihr Interesse. 

Im Norden des Landes läuft gerade das Projekt RTP NET: regionales telepädiatrisches Netzwerk Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Zu den Herausforderungen der pädiatrischen Versorgung gehören der demographische Wandel, der in Mecklenburg-Vorpommern mehr zuschlägt als in NRW, beziehungsweise die geringe Geburtenrate und die unzureichende Berücksichtigung der Pädiatrie im DRG-System, erläutert Angelika Beyer, Insitut für Community Medicine der Universitätsmedizin Greifswald. In der Folge ist der Betrieb von Kinderkliniken in ländlichen Regionen oftmals wirtschaftlich nicht möglich, es würden Fachkräfte fehlen. Dies führe dazu, dass Patienten in ländlichen Regionen weite Anfahrtswege, insbesondere zu spezialisierten Leistungsangeboten hätten. Das Ziel des Projekts ist die Implementation eines Regionalen Telepädiatrischen Netzwerks (RTP-Net) zur telemedizinischen Ergänzung von Versorgungsfunktionalitäten zwischen Kliniken unterschiedlicher Größen und Leistungsspektren. Es läuft noch bis März kommenden Jahres und deckt sämtliche Fachrichtungen der Kindermedizin ab. 

Zauberwort Skalierung

Mit den Worten "unser großes Ziel ist, die Telekonsile zur Selbstverständlichkeit in der Versorgung zu machen", eröffnete Rainer Beckers, Geschäftsführer der ZTG GmbH, die anschließende Diskussion und umreißt die Mehrwerte der telemedizinischen Versorgung. Ein Aspekt ist etwa, dass dadurch unnötige Verlegungen vermieden werden können, ebenso können stationäre Behandlungen verküzt werden. In vielen Beratungssituationen komme man allen mit dem Telefon schnell an Grenzen, "dann greifen die Segnugnen moderner Technolgien, wie Video etc.", so Beckers. Zudem würde man in den Telekonsilen auch voneinander lernen. "Konsile sind für mich keine Einbahnstraße", sagte der ZTG-Geschäftsführer. Lernen können dabei alle Beteiligten - sowohl konsilnehmende, als auch konsilgebende Einrichtungen. "Ich glaube, dass man voneiander mehr über geeignete therapeutische Maßnahmen lernen kann, wenn man sich austauscht. Jeder hat seine eigene Perspektive, das gilt umso mehr, wenn man die Professionen zusammen bringen kann". Ein wichtiger Faktor ist und bleibt jedoch die Finanzierung. "Das Zauberwort heißt Skalierung", sagt Beckers. "Wenn wir von Digitalisierung profitieren wollen, muss es uns gelingen in eine vernünftige Größenordnung zu kommen, allein aus Kostengründen". Für wenige Fälle eine Struktur zu erhalten sei aus ökonimischer Sicht auf Dauer nicht tragfähig - auch wenn einzelne Patienten davon profitierten. "Die Technologien sind also da, aber die verbreiten sich nicht von allein. Wir brauchen einen kulturellen Switch, ein gemeinsames Nutzenverständnis sollte der Ausgangspunkt sein", so seine Forderung. 

Autor

 Luisa-Maria Hollmig

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