Die Preisträger des diesjährigen Eugen-Münch-Preises setzen auf Digitalisierung und die Integration in den Versorgungsalltag.
Christian Aljoscha Lukas erhält mit der Entwicklung der App "Mentalis" den Preis in der Kategorie praktische Anwendung. Mentalis ermöglicht die Nachsorge von Patienten mit psychischen Erkrankungen nach einem Klinikaufenthalt.
Georgios Kaissis wurde in der Kategorie Wissenschaft für das neuartige System "Primia" ausgezeichnet. Der Radiologe und Informatiker entwickelte das System zum Privatsphäre wahrenden Training von KI-Algorithmen an medizinischen Bilddaten.
Die Gewinner wurden unter mehr als 100 Einsendungen ausgewählt und erhalten ein Preisgeld von jeweils 20.000 Euro und einen Film, mit dem die Arbeit erläutert wird. Ein Sonderpreis geht an Abdul Rahman Itani, der neben seiner Berufstätigkeit als Pflegefachkraft aus eigener Motivation ein Konzept zur Verbesserung palliativmedizinischer Versorgung entwickelt hat. „Wir sehen an allen eingegangenen Bewerbungen deutlich, dass das Potenzial der Digitalisierung erkannt und eine Umsetzung in den Versorgungsalltag gewünscht wird. Wir sollten dabei nicht pausieren, sondern beschleunigen. Die prämierten Arbeiten nutzen moderne Technologien und setzen sie für eine Verbesserung der Versorgungsqualität ein", so Boris Augurzky, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Münch.
Digitale Nachsorge mit Mentalis
Preisträger Christian Aljoscha Lukas hat seine Forschungsergebnisse an der FAU Erlangen-Nürnberg verwendet, um digitale Programme für die Nachsorge von psychisch kranken Patienten nach einem Klinikaufenthalt zu entwickeln. Sie werden kurz vor der Entlassung an eine nahtlose, digitale Nachsprge angebunden. Durch einen Algorithmus und individuelle Tele-Coachings werden die in der Klinik erarbeiteten Therapieerfolge stabilisiert und die Patienten in vulnerablen Situationen unterstützt. Durch die App wird eine Versorgungslücke geschlossen und eine hohe Rehospitalisierungsrate reduziert. In Deutschland kehrt rund ein Fünftel der Patienten innerhalb von zwölf Wochen wieder in die Klinik zurück, innerhalb eines Jahres sogar ein Drittel. Mentalis ist für mehrere Krankheitsbilder anwendbar, darunter Depression und Suchterkrankungen. Mehr über die Arbeit im Film.
Mehr Datenschutz im KI-Training
Georgios Kaissis hat eine die Privatsphäre wahrende und sichere KI entwickelt, die das Training ermöglicht, ohne dass direkter Datenzugang erforderlich ist. Um KI-Algorithmen zu trainieren, sind sonst große Datensätze nötig, doch der Zugang ist erschwert, da die Daten oft schützenswerte und personenbezogene Daten enthalten. Bei dem System „Primia“ (privacy-preserving medical imaging analysis) werden KI-Algorithmen dezentral trainiert. Die Daten verlassen nicht den Eigentümer, sondern die Algorithmen werden zu den Daten geschickt und lokal trainiert („federated learning“). Der Schutz der Daten erfolgt mit einer Kombination aus einer informationstheoretischen, quantifizierbaren Geheimhaltungsgarantie sowie einem kryptographischen Verfahren. Das Verfahren wurde an Röntgenbildern pädiatrischer Patienten trainiert und an zwei externen Datensätzen gegen Fachärzte für Radiologie und Kinderradiologen getestet. Selbst unter den striktesten Privatsphären und Sicherheitsgarantien war die vom Algorithmus erbrachte Genauigkeit auf einer Ebene mit menschlichen Experten. Das System wird kostenlos und open-source zur Verfügung gestellt. Mehr über die Arbeit im Film.
Sonderpreis für palliativmedizinische Versorgung
Der Pflegefachmann Abdul Rahman Itani hat nach seiner Ausbildung in mehreren Kliniken sterbende Menschen begleitet. Um ihre Versorgung zu verbessern, entwickelte er ein Konzept für einen interdisziplinären und multiprofessionellen palliativmedizinischen Konsiliardienst. "Die Arbeit befasst sich nicht nur mit einem Thema von hoher Bedeutung. Sie zeigt auch, über welche hohen fachlichen Kompetenzen Pflegefachpersonen verfügen und für eine Verbesserung der Patientenversorgung anwenden können", teilt die Stiftung mit.