Die finanzielle Lage des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein ist angespannt und hat sich in den vergangenen Wochen verschlechtert. Um das Unternehmen zu sichern, kürzt die Geschäftsführung nun die im November fälligen tariflichen Jahressonderzahlungen (TVÖD-K, BAT-KF) sowie vertraglich vereinbarte Jahressonderzahlungen, – das Weihnachtsgeld – sodass nur 30 Prozent ausgezahlt werden.
Auszubildende erhalten Sonderzahlung
Grund sei „eine Reihe von liquiditätsrelevanten Sondereffekten wie die Auswirkungen der Pandemie, Grippewelle und Inflation“, erklärt Melanie John, Geschäftsführerin des GK Mittelrhein auf BibliomedManager-Anfrage. „Die einzige Ausnahme gibt es für Auszubildende – ihnen wird die Jahressonderzahlung fristgerecht und vollständig ausgezahlt.“
Der Prozentsatz sei in Abhängigkeit der aktuellen finanziellen Situation gewählt worden. Betroffen sind alle Mitarbeitenden, welche einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung aus dem Tarif oder ihrem individuellen Arbeitsvertrag haben – die Rhein-Zeitung spricht von 4.300 Mitarbeitern.
Die Pflegegewerkschaft Bochumer Bund verurteilt dieses Vorgehen „aufs Schärfste“ und fordert, den Angestellten im Pflegebereich des GKM umgehend die vertraglich vereinbarte Sonderzahlung in voller Höhe auszuzahlen. Und auch der dbb Beamtenbund und Tarifunion hat sich in einer Mitteilung eingeschaltet: Die Geschäftsführung dürfe das Weihnachtsgeld nicht nur teilweise auszahlen; der dbb empfiehlt, die Ansprüche auf die volle Jahressonderzahlung schriftlich geltend zu machen.
Inflation, Corona-Krise, Energiekrise – all das hätte die seit Jahren wirtschaftlich angespannte Lage des Hauses verschärft, begründet John diesen Schritt. „Insbesondere durch die mit der Pandemie verbundene Leistungsminderung, die sowohl durch Belegungseinschränkungen als auch Krankheitswellen und Quarantänepflicht bedingt ist, blieben Erlöse aus.“ Wie viel Geld dem Klinikum fehlt, bleibt unklar.
Erlöse sind in allen Bereichen eingebrochen
Betroffen sei nicht nur der stationäre Bereich, die Erlöse seien auch im ambulanten Bereich und im Tertiärbereich (zum Beispiel Cafeterien) eingebrochen, wurden und werden nicht kompensiert. „Im Gegenzug dazu bleiben beziehungsweise steigen die Vorhaltekosten, da Mindestbesetzungen (PPSG, PPUGV, TV-Ärzte) erfüllt und Gebäude betrieben werden müssen.“
Hinzu kommen die gestiegenen Behandlungs- und Versorgungskosten für zum Beispiel Verbrauchsgüter (Masken, Schutzkleidung etc.), Wäsche- und Speisenversorgung oder auch die Fernwärmeversorgung. „Die Ausgleichszahlungen, welche die Krankenhäuser zumindest anteilig im Kontext der Pandemie unterstützen sollten, sind im Sommer ausgelaufen“, sagt John. Auch der Russland-Ukraine-Krieg und die massive Inflation wirken sich negativ aus.
John fordert neben kurzfristigen finanziellen Hilfen langfristige Struktur- und Finanzierungsreformen. Aktuell geht sie aber von einer Verbesserung im Vergleich zum Jahresabschluss 2021 für das GK Mittelrhein aus. Zudem seien bereits Maßnahmen zur Stabilisierung der finanziellen Situation angestoßen worden, so John, ohne weitere Details zu nennen.
Wie der SWR berichtet, mussten die Kommunen bereits Anfang 2020 Millionenkredite geben, um eine Insolvenz abzuwenden. Seitdem wird über eine Teilprivatisierung der Kliniken verhandelt, unter anderem mit dem Krankenhauskonzern Sana, mit bis Ende März 2023 ein Managementvertrag besteht.
Am GK Mittelrhein mit seinen Standorten in Boppard, Mayen, Koblenz und Nastätten sind neben den beiden kommunalen Gesellschaftern Stadt Koblenz und Landkreis Mayen-Koblenz mit jeweils 26,5 Prozent vier Stiftungen (Stiftung Evangelisches Stift St. Martin, Stiftung Hospital zum Heiligen Geist, Stiftung Seniorenhaus zum Heiligen Geist, Stiftung Diakoniegemeinschaft Paulinenstift) als weitere Gesellschafter mit zusammen 47 Prozent stimmberechtigt beteiligt.