Orientierungswert von PD Dr. Thomas Menzel

„Gut gemeint ist nicht gut gemacht“

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„Gut gemeint ist nicht gut gemacht“
© Klinikum Fulda

Das in bemerkenswerter  Rekordzeit erstellte Gesetz wird heute parlamentarisch beraten, verabschiedet und soll noch am selben Tag in Kraft treten. Ich begrüße ausdrücklich, dass sich die Bundesregierung und das BMG in der angespannten Versorgungslage für eine Entlastung der deutschen Krankenhäuser stark machen, in denen derzeit mehr Covid-Patienten behandelt werden als noch im Frühjahr. 

Anders als vor sieben Monaten, als in allen Krankenhäusern die Behandlung elektiver Fälle auf Anordnung ausgesetzt wurde und dafür allen Kliniken eine Freihaltepauschale für die deshalb leerstehenden Betten gezahlt wurde, um die Vorhaltekosten irgendwie zu decken, soll es diesmal nur für ausgewählte Kliniken Zuschüsse geben. Das ist grundsätzlich eine gute Idee, besser als die Verteilung nach dem Gießkannenprinzip. Dabei sollte dann aber sichergestellt werden, dass die Unterstützung auch überall dort ankommt, wo Covid-Patienten behandelt werden. Das Regelwerk für die Auslösung der Zuschläge und die Bemessung ihrer Höhe ist „ein bürokratisches Sahnestück“ und nicht geeignet, den Krankenhäusern Planungssicherheit zu geben. 

Höchst bedauerlich ist es aber, dass damit gute Versorgungsmodelle in vielen Bundesländern konterkariert werden. Mit dem Gesetz wird das in Hessen sehr gut etablierte System der Zusammenarbeit in den sechs Versorgungsregionen – unter der Führung jeweils eines koordinierenden Krankenhauses – ausgehebelt. Und das obwohl sich in den vergangenen Monaten in den Regionen eine belastbare, transparente und sehr kollegiale Zusammenarbeit unter den Häusern entwickelt hat. Die Zuweisungsstrategie war dort ebenso abgestimmt wie die Verfahren für notwendige Sekundär-Verlegungen zwischen den Häusern der unterschiedlichen Versorgungsstufen, die dafür in vier Level eingeteilt worden waren. Dadurch konnte die Last der Covid-Versorgung bedarfsgerecht verteilt und die Versorgung von Non-Covid-Patienten in allen Versorgungstufen weitestgehend aufrechterhalten werden. 
Insbesondere in jüngster Zeit konnten dank dieser Strukturen die Hochinzidenz-Regionen wie Frankfurt und Darmstadt durch Verlegungen nach Nord- und Osthessen entscheidend entlastet werden. 

Nun erfüllen faktisch nur noch Häuser, die nach der Notfallversorgungsrichtlinie des G-BA in die Stufen 2 und 3 fallen, die notwendigen Rahmenbedingungen, um Covid-Patienten behandeln zu können. Warum ausgerechnet dieses Kriterium gewählt wurde, erschließt sich mir nicht. Jedenfalls korreliert es aus der Erfahrung der vergangenen Monate sicher nicht mit der geübten Praxis Kompetenz dieser Häuser in der Behandlung von Covid-Patienten. Einige der in der Covid-Behandlung sehr engagierten Level-2-Häuser fallen damit aus der Versorgung heraus. In der Konsequenz werden die Level-1-Häuser, die Maximalversorger, von nun an sehr schnell an ihre Grenzen kommen, weil sich alle Covid-Fälle nun dort konzertieren werden. Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht. 

Autor

PD Dr. Thomas Menzel

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