Mehr als jeder zehnte Mensch in Deutschland stirbt einer Studie zufolge beatmet im Krankenhaus. Das berichtet ein Forschungsteam um den Intensivmediziner Christian Karagiannidis von der Lungenklinik Köln-Merheim im Fachblatt „The Lancet Regional Health – Europe“. Die Gruppe wertete Daten von mehr als einer Million Erwachsenen aus, die zwischen 2019 und 2022 in knapp 1.400 deutschen Kliniken beatmet wurden – also auch während der Covid-19-Pandemie. Mehr als 43 Prozent der Beatmeten starben im Krankenhaus. Den Anteil dieser Toten an der Gesamtzahl der Verstorbenen im Studienzeitraum berechnete das Team anhand von Daten des Statistischen Bundesamts.
Häufigste Ursachen für die Beatmungen per Schlauch oder Maske waren Herzerkrankungen, Lungenentzündungen, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und zerebrovaskuläre Erkrankungen wie etwa Schlaganfälle. Die Zahlen seien auch nach der Pandemie stabil geblieben, sagte Ko-Autor Wolfram Windisch, ebenfalls von der Lungenklinik Köln-Merheim, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Mechanische Beatmung war vor, während und nach der Covid-19-Pandemie in Deutschland weit verbreitet“, schreibt die Gruppe. Laut Windisch wurde im Untersuchungszeitraum in der Altersgruppe über 80 Jahren pro Jahr weit mehr als 1.000 Menschen pro 100.000 Einwohner beatmet. Dennoch sei die Sterblichkeit in dieser Gruppe mit 59 Prozent sehr hoch und übertreffe die bisher bekannten Daten bei weitem. Zum Vergleich: In England werden in der gleichen Altersgruppe der Studie zufolge etwa 200 Menschen pro 100.000 Einwohner beatmet, in Kanada 700.
„Wir haben zusammen mit den USA die größte Neigung dazu, am Lebensende und bei hochaltrigen Patienten sehr viel Beatmungstherapie durchzuführen“, sagte Karagiannidis. Und Windisch, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) ist, betonte: „Friedlich zuhause sterben ist für viele Menschen nicht mehr die Realität – sie liegen oftmals in den Kliniken.“
Quelle: dpa