Fallpauschalen, Digitalisierung und Fachkräftemangel in Kliniken – zig Baustellen, die eine neue Bundesregierung laut Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH) zügig anpacken sollte. Vor allem Kliniken auf dem Land und die Versorgung der dort lebenden Bevölkerung seien in den vergangenen Jahren nicht ausreichend berücksichtigt worden, teilt KGSH-Geschäftsführer Patrick Reimund zum Start der Sondierungen mit. Klinikstrukturen müssten reformiert werden, Finanzierungen der Häuser abgesichert werden.
„Bislang sieht das rein leistungsbezogene System der DRG-Fallpauschalen keine Absicherung der Kosten für die Vorhaltung insbesondere von Personal rund um die Uhr vor. Kleinere Krankenhäuser, deren Einzugsgebiet begrenzt ist, stellt dies vor massive Probleme." Pauschalen für Vorhaltekosten müssten aus Sicht der KGSH zum Fallpauschalensystem ergänzt werden. Außerdem wünschen sich die Krankenhäuser zukünftig eine aktivere Krankenhausplanung unter Verantwortung der Länder. Die KGSH möchte sich konstruktiv mit den Akteuren bezüglich der bedarfsnotwendigen Krankenhäuser verständigen. Im Ergebnis sollten die Strukturen mithilfe fachlicher sowie politischer Entscheidungen weiterentwickelt und ein "kalter Strukturwandel" beispielsweise aufgrund von Unterfinanzierung und bürokratischen Vorgaben verhindert werden.
Verlässliche Finanzierungen von Krankenhausinvestitionen würden Krankenhäusern laut KGSH mehr Sicherheiten geben. An diesem Punkt seien die Länder ihren gesetzlichen Verpflichtungen in der Vergangenheit unzureichend nachgekommen. "Wenn die Länder die notwendigen Mittel dauerhaft nicht zur Verfügung stellen können, muss auch über eine Beteiligung des Bundes diskutiert werden", verdeutlicht der KGSH-Geschäftsführer. Genauso notwendig sei es, die Digitalisierung der Kliniken zu finanzieren.
Bürokratie reduzieren und Mitarbeiter entlasten – dies seien weitere wichtige Schritte, um den Fachkräftemangel schnellstmöglich anzugehen und attraktive Arbeitsplätze anzubieten. Hierbei sollten die umfangreichen Vorgaben zur Strukturqualität in Kliniken, die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) erlässt, kritisch hinterfragt werden. Zur Bemessung des Pflegepersonalbedarfs haben die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die Gewerkschaft ver.di das Konzept "PPR 2.0" vorgelegt. "Die neue Bundesregierung muss diesen Vorschlag schnell aufgreifen und umsetzen", fordert Reimund.
Aufgrund der Corona-Pandemie und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen sei die Lage in vielen Kliniken „akut sehr angespannt“, wie der KGSH-Geschäftsführer betont. Die Kliniken seien nicht in der Lage, das Leistungsniveau vor der Pandemie zu erreichen. „Wir brauchen daher schnell eine handlungsfähige Regierung, die noch für das laufende Jahr Regelungen zur finanziellen Absicherung der Kliniken trifft", fordert Reimund. Denn die Folge seien erhebliche Erlösausfälle – in vielen Kliniken Millionenbeträge. Ausfälle will der Gesetzgeber für das Jahr 2021 nur teilweise ersetzen. Hier sieht die KGSH dringenden Nachholbedarf, damit die Kliniken nicht unverschuldet in eine finanzielle Schieflage geraten. Um die Liquidität der Kliniken zu verbessen, müsse die Regelung, nach der die Krankenkassen die Behandlungsrechnungen innerhalb einer Woche begleichen müssen, verlängert werden, so ein weiterer Vorschlag des Vereins. "Zur Sicherung der bedarfsnotwendigen Krankenhäuser im Land muss das Finanzierungssystem grundlegend reformiert werden“, verdeutlicht Reimund dazu.