Notfallversorgung

Lauterbach legt Eckpunkte zur Notfallreform vor

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Lauterbach legt Eckpunkte zur Notfallreform vor
© BMG/Thomas Ecke Berlin

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat heute die Eckpunkte für eine Reform der Notfallversorgung vorgelegt. Seine Vorschläge sehen unter anderem vor, die Terminservicestellen und die telemedizinische Versorgung auszubauen und „flächendeckend“ Integrierte Notfallzentren (INZ) mit KV-Notdienstpraxen in „unmittelbarer Nähe“ von Kliniken aufzubauen.

Wie bereits von der Klinikreform-Kommission vorgeschlagen, sollen die INZ sowie Integrierte Kindernotfallzentren (KINZ) aus einer Notaufnahme des Krankenhauses, einer KV-Notdienstpraxis und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle bestehen. Bereits bestehende Strukturen der KV und des Krankenhauses sollen „unmittelbar in diese überführt werden“. Die KV-Notdienstpraxis muss „in unmittelbarer Nähe“ der Notaufnahme sein.

Geplant ist, dass die Verantwortung für die Ersteinschätzungsstelle – den „gemeinsame Tresen“ – „grundsätzlich“ beim Krankenhaus liegen soll. Abweichungen davon sollen jedoch möglich sein. Für den Betrieb soll es eine fallbezogene Vergütung im EBM geben.

Die Standorte für INZ und KINZ soll der erweiterte Landesausschuss festlegen. Mitglieder der Landesausschüsse sind Vertreterinnen und Vertreter der Ärzteschaft, von Krankenkassen und Krankenhäusern. In manchen Bundesländern sind auch Patientenvertreter dabei. Sollte sich das Gremium nicht einigen können, legt das jeweilige Bundesland die Standorte fest. Wie die technische und personelle Ausstattung der Notdienstpraxen und das Ersteinschätzungsverfahren genau aussehen sollen, soll der Gemeinsame Bundesausschuss festlegen.

Entlastung der Notaufnahmen erhofft sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vom Ausbau der Terminservicestellen (TSS). Sie sollen künftig mit den Rettungsleitstellen „flächendeckend“ digital vernetzt werden, heißt es in den Eckpunkten. Künftig soll ein Austausch der Daten von TSS und Leitstellen möglich sein. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) werden gesetzlich verpflichtet, mit den Rettungsleistellen zu kooperieren.

Wie stark die Terminservicestellen für Entlastung sorgen können, zeige unter anderem das Beispiel Berlin, so Lauterbach heute bei der Vorstellung der Eckpunkte in den Räumen der KV Berlin. Laut Berlins KV-Chef Burkhard Ruppert werden in der Hauptstadt durch die Leitstelle fast zwei Drittel der Fälle abschließend geklärt.

Ausbau der Terminservicestellen mit GKV- und KV-Geldern

Da es durch die Reform zu wesentlich mehr Anrufen kommen soll, soll die notdienstliche Akutversorgung über die Terminservicestellen gestärkt werden. Dabei sollen mehr Ärztinnen und Ärzte über die TSS telemedizinisch beraten. Auf diese Weise sollen mehr Fälle abschließend behandelt und so die Regelversorgung entlastet werden. Der Ausbau der TSS soll mit Geldern der Gesetzlichen Krankenversicherung und KVen finanziert werden.

Mit Blick auf die Finanzierung hofft Lauterbach, dass die neuen Strukturen Geld einsparen werden. Derzeit würden in den Kliniken noch häufig Fälle zur Beobachtung aufgenommen, um Defizite der Notfallambulanzen auszugleichen, sagte der Bundesgesundheitsminister. „Schätzungsweise 25 bis 30 Prozent der Patienten, die in Notfallambulanzen der Krankenhäuser versorgt werden, könnten auch in Praxen versorgt werden oder sind gar keine Notfälle“, so Lauterbach.

Die Reform des Rettungsdienstes, die eng mit der Notfallreform verknüpft ist, soll in einem weiteren Gesetz geregelt werden, kündigte Bundesgesundheitsminister Lauterbach an.

Telemedizinische Versorgung rund um die Uhr

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung lobte einerseits die Idee, die Terminservicestellen zu stärken und mit den Rettungsleitstellen zu vernetzen. Angesichts der knappen medizinischen Fachkräfte sei es jedoch „fern der Realität“ eine 24/7-Versorgung „aufsuchender Art“ etwa durch Fahrdienste einrichten zu wollen. In den Eckpunkten hatte Lauterbach vorgeschlagen, die KVen zu verpflichten, eine telemedizinische Versorgung rund um die Uhr sicherzustellen. Für immobile Patientinnen und Patienten soll rund um die Uhr eine aufsuchende Versorgung eingeführt werden. Die KBV hält es zudem für problematisch, wie die INZ-Standorte ausgewählt werden sollen. „Wenn maximal jedes der derzeit an der Notfallversorgung teilnehmenden 1.200 Krankenhäuser ein INZ bekommen sollte, wäre dies personell unmöglich zu stemmen“, kritisierten die KBV-Vorstände in einer Pressemitteilung.

Mit Blick auf die Finanzierung hatte der KV-Vorstandsvorsitzende von Berlin, Dr. Burkhard Ruppert, heute Nachbesserungsbedarf angemeldet. In Berlin seien die Notdienstpraxen, der fahrende Hausbesuchsdienst, die Leitstellen und der Einsatz der Beratungsärzte „hochdefizitär“. Allein bei den Notdienstpraxen entstehe jedes Jahr ein Defizit von 1,1 Millionen Euro. Grundsätzlich würde er sich wünschen, dass neben den Hausärzten auch die Fachärzte entbudgetiert werden. Da dies jedoch nicht absehbar sei, regte er an, zumindest die Notfallversorgung zu entbudgetieren. „Ich weiß, dass Sie an dem Thema dran sind“, so Ruppert zu Lauterbach.

Für die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, sind die Integrierten Notfallzentren, ein „notwendiger Schritt in die richtige Richtung“, teilte sie mit. Sie sollten jedoch als rechtlich eigenständige und fachlich unabhängige Organisationseinheiten konzipiert werden – mit eigenem Personal und geeigneter technischer Ausstattung, schlug sie vor. „Die INZ sollten von Vertragsärztinnen und Ärzten und den Ärztinnen und Ärzten der jeweiligen Klinik gemeinsam betrieben werden, um Verteilungskämpfe und Fehlanreize bei der Steuerung der Patientinnen und Patienten zu verhindern und die Sektorengrenzen bei der Notfallversorgung endlich zu überwinden“, so Reimann.

Autor

 Hendrik Bensch

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