„Wir ermöglichen es den Krankenhäusern, Personal in die Kinderstationen zu verlagern. Dafür habe ich die Krankenkassen aufgefordert, vorübergehend die Personaluntergrenzen nicht mehr zu überprüfen“, erklärte Gesundheitsminister Karl Lauterbach gestern Nachmittag. Dem vorausgegangen war eine aktuelle Umfrage der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), deren Ergebnis hohe Wellen geschlagen hatte. „Von 110 Kinderkliniken hatten zuletzt 43 Einrichtungen kein einziges Bett mehr auf der Normalstation frei. Lediglich 83 freie Betten gibt es generell noch auf pädiatrischen Kinderintensivstationen in ganz Deutschland – das sind 0,75 freie Betten pro Klinik“, so die DIVI. Grund dafür sein eine Häufung der Atemwegserkrankungen, sowie Personalknappheit und die notorische Unterfinanzierung der Kindermedizin (Lesen Sie hierzu auch unsere Hintergrundstory der f&w-Augustausgabe).
Gaß: Mündliche Aufforderung reicht nicht
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) betonte, dass die Krankenhäuser mit pädiatrischen Fachabteilungen bereits in den vergangenen Tagen alle Möglichkeiten genutzt hätten, um fehlendes Fachpersonal aus anderen Abteilungen zu ergänzen. Der Minister solle jetzt die Pflegepersonaluntergrenzen in allen Abteilungen generell aufheben, um den Krankenhäusern wieder den Handlungsspielraum beim Personaleinsatz zu geben. „Dazu reicht aber keine mündliche Aufforderung des Ministers an die Krankenkassen, die Prüfung zeitweise auszusetzen“, so DKG-Chef Gerald Gaß.
Lauterbach appelliert auch an die Eltern
Die Besserstellung der Kinderkliniken um rund 400 Millionen Euro im Jahr hat der Minister auf den Weg gebracht – sie sind im Krankenhauspflegeentlastungsgesetz, das der Bundestag heute verabschieden wird. Um die akute Situation zu entschärfen, appellierte Lauterbach an Eltern, Vorsorgeuntersuchungen ihrer Kinder für wenige Wochen zu schieben, sofern das vertretbar ist. Wer trotzdem kinderärztlichen Rat braucht, sollte am besten zunächst telemedizinische Beratung suchen. Das bieten viele Ärzte inzwischen an.