Die Kostenentwicklung von Microsoft-Lizenzen sorgt für Aufruhr im Kliniksektor. Die Gesellschaft Digital Health Transformation (dht), ein Zusammenschluss von Krankenhäusern und Krankenhausgruppen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen, hat ein Papier zu den finanziellen Auswirkungen für gesundheitliche Einrichtungen veröffentlicht. Demnach sieht die dht ab 2025 und 2026 drastische Herausforderungen angesichts der Kostenstruktur von Microsoft-Lizenzen. In diesem Zeitraum plane Microsoft eine Änderung seiner Produktstrategie für Office-Produkte, bei der der Support für herkömmliche Lizenzmodelle eingestellt und Office-Abonnements pro Nutzenden obligatorisch würden, heißt es in der Stellungnahme der dht. Perspektivisch bedeute die Änderung, dass alle Mitarbeitenden einer Gesundheitseinrichtung, die Office-Produkte nutzen, eine solche Abonnement-Lizenz benötigen würden. Dabei seien die finanziellen Auswirkungen dieser Änderungen für Kliniken mit tausenden Mitarbeitenden erheblich. Die dht macht die Problematik an einem Beispiel eines Krankenhausträgers mit insgesamt 10.000 Beschäftigten deutlich:
"Bisher wurde eine Microsoft-Office-Lizenz pro Arbeitsplatz erworben, die in der Regel bis zu zehn Jahre genutzt wurde. An diesem Arbeitsplatz konnten mehrere Mitarbeitende mit einer Lizenz arbeiten. Die Lizenzkosten des Trägers belaufen sich in diesem Beispiel auf circa 130.000 Euro, heruntergebrochen auf ein Nutzungsjahr. Ab 2025/2026 müssten jedoch bei einer gleichbleibenden Office-Nutzung jährlich etwa 2,1 Millionen Euro Lizenzkosten gezahlt werden, was einen Großteil des vorhandenen IT-Budgets ausmachen und somit notwendige Investitionen in Sicherheit und Innovation verhindern würde." (dht)
Auch Remo Kunze, Leiter der IT-Infrastruktur, Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Alexianer DaKS (Datenverarbeitung und Kommunikationssysteme für soziale Einrichtungen), kritisierte im Interview mit der Bibliomedmanager-Redaktion die Kostenänderungen des Tech-Riesen: "Als Krankenhausbetreiber können wir unsere Kosten nicht wie andere Branchen üblich an unsere Kunden weitergeben oder durch Einsparungen flexibel kompensieren. Vielmehr müssen diese Kostensteigerungen kurzfristig durch bestehende Budgets ausgeglichen oder langfristig über Kosteneinsparungen bei der Leistungserbringung gegenfinanziert werden. Konkret bedeutet dies für uns, dass die digitale Transformation und vor allem der Informationssicherheitsumbau des Gesundheitssystems sich deutlich verlangsamt. Alternativ müsste man versuchen auf kostengünstige Konkurrenzprodukte zurückgreifen, die aber sicherlich Einbüßen in Sachen Funktionalität und Sicherheit mit sich bringen würden."
Lösungsansätze: Finanzierbare Microsoft-Lizenzen für Kliniken
Im bereits bestehenden "Microsoft Non-Profit-Programm" sehen Kunze und auch die dht eine mögliche Lösung. "Ein attraktives Programm für gemeinnützige Organisationen gibt es bereits heute schon bei Microsoft, leider wurde der Gesundheitssektor - und explizit Krankenhäuser - hier vor einigen Jahren ausgeschlossen, egal ob diese gemeinnützig sind oder nicht. So können wir und andere Krankenhausträger dieses Programm aktuell leider nicht mehr nutzen. Wir erhoffen uns daher, dass perspektivisch alle gemeinnützigen Einrichtungsformen des Gesundheitssystems, egal ob Krankenhaus, Beratungsstelle, Medizinisches Versorgungszentrum oder Senioreneinrichtungen, für das vorhandene Programm qualifiziert werden können. Dies wäre sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung", so Kunze. Laut Stellungnahme der dht könnte der Abschluss von neuen Rahmenvereinbarungen eine weitere Option sein, um finanzierbare Lizenzbedingungen für Krankenhäuser zu schaffen.
Die alte Lizenzstruktur aus dem Frühjahr 2010 wäre wünschenswert. "Damals konnten alle Gesundheitseinrichtungen noch sogenannte EDU-Lizenzen kostengünstig bei Microsoft beziehen. Ansonsten benötigen wir eine auf Krankenhausträger zugeschnittene Lizenzierung. Die gemeinnützige Rolle und gesellschaftliche Verantwortung dieser Organisationen sollte sich bei den Lizenzkosten widerspiegeln. Denn jeder Euro, den wir nicht in Softwarelizenzen investieren müssen, fließt in die Verbesserung der Versorgung und Sicherheit unserer Patienten", verdeutlicht Kunze.
Microsoft gab auf Nachfrage von Bibliomedmanager keine Auskunft über die künftigen Lizenz- und Kostenänderungen für User sowie mögliche Anpassungen für den Klinikbereich.