DRG | Forum 2024

„Mit denen reden, die direkt vor der Tür sind“

  • DRG-Forum
„Mit denen reden, die direkt vor der Tür sind“
(v.l.n.r.) PD Dr. Thomas Menzel, Bernadette Rümmelin, Prof. Dr. Boris Augurzky, Florian Albert, Susanne Quante und Prof. Dr. Jens Scholz © Regina Sablotny

„Noch ist es ein Ränkespiel, noch fehlt sogar die Abstimmung in den Ministerien“, sagte Prof. Dr. Jens Scholz zum aktuellen Gesetzesstand. Der Chef des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) begrüßte den geplanten Transformationsfonds, der mit 50 Milliarden Euro „frischem Geld“ gut ausgestattet sei. Doch dieses Geld „druckt keinen Arzt oder Pflegekraft“ und bringe auch keine Fälle zurück. Jetzt seien die Landesgesundheitsminister gefordert: „Sie müssten eigentlich auf Knopfdruck sagen können, welches Krankenhaus sie für die Versorgung wichtig finden.“ Der Entwurf würde sie nun zu dieser Einschätzung zwingen.

PD Dr. Thomas Menzel, Vorstandssprecher des Klinikums Fulda, sieht die Maximalversorger als „Anker der Versorgung“ und steuert künftig mehr regionale Kooperationen an. Dafür brauche es Planungssicherheit, Details müssten weiter ausgestaltet werden. Statt des Fokus auf Fallzahlen wünsche er sich einen Populations-, vielleicht auch einen Morbiditätsbezug. Klar sei, dass es am Ende des Prozesses weniger Krankenhäuser geben werde – „und das ist mit Blick auf den Fachkräftemangel auch gut so“.

Regionale Kooperationen für die Zukunft

„Die Fachkliniken werden in dem Entwurf viel zu wenig abgebildet“, bemängelte hingegen Susanne Quante, Geschäftsführerin der LungenClinic Großhansdorf. Ihr Haus sei mit 179 Betten klein, nehme aber in einigen Leistungsgruppen eine „Spitzenposition“ ein. Diese Besonderheit der hochspezialisierten Kliniken würde zu wenig berücksichtigt. Auch die Verknüpfung von Struktur und Finanzierung findet Quante schwierig. Es komme ihr vor, als sei der Entwurf „ohne Austausch mit den Leistungserbringern“ entstanden. 

„Der Kampf um die Anzahl der Leistungsgruppen (LG) wird nun eröffnet“, liest Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands Deutschlands, aus dem Entwurf. „Die Frage ist jetzt: Wer bekommt das größte Stück vom Kuchen?“ Die Sicherung der Daseinsvorsorge, vor allem in der Fläche, werde so nicht gewährleistet. Sie beobachtet eine Kluft zwischen der „hochgradig wissenschaftlichen und theoretischen Diskussion“ und der Situation vor Ort, wo bereits heute „unstrukturierte Schließungen“ stattfänden. Auch sie sieht die Zukunft in regionalen Kooperationen: „Dabei sollten wir auf das setzen, was wir in den Regionen teilweise schon vorfinden: gut funktionierende Versorgungsnetzwerke mit unterschiedlichen Partnern.“

Laut Prof. Dr. Boris Augurzky vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung müsse der Entwurf unter der Frage der Ressourcen bewertet werden: „Schaffen wir es, in den Jahren 2030 oder 2035 die Kliniken mit den Ressourcen zu füllen und betreiben, damit nicht alles zusammenbricht?“ Schwerpunktbildung, Zentralisierung, die Reduzierung von Leistungsmengen seien wesentliche Schritte – die geplante Vorhaltefinanzierung könnte diese Punkte fördern, auch mit der LG-Systematik und dem Fonds gehe der Entwurf in eine gute Richtung. Einzelne kleine Krankenhäuser würden über die Reform jedoch nicht mit Geld stabilisiert, sondern über die sinkende Gesamtmenge der Häuser. Wer als Verbund drei kleine Standorte habe, sollte nicht versuchen, diese „durchzufüttern“, sondern lieber mit den Mitteln aus dem Fonds ein mittelgroßes Zentralklinikum bauen. „Denn andernfalls sind vielleicht die Bürgermeister glücklich, die Bevölkerung hat aber irgendwann keine Versorgung mehr.“

Ist jede Universitätsklinik des Landes notwendig?

„In den übergeordneten Zielen sind wir uns ja alle einig“, resümiert Scholz, der auch dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) vorsitzt: Es gebe zu wenige Fälle, Geld und Fachkräfte. Wenn nun aber eine gestufte Versorgung und „ehrlicherweise“ auch Absprachen untereinander gewünscht seien, müsse auch das Kartellrecht neu geregelt werden. Die Fachklinik-Chefin Quante stichelte gegen den UKSH-Chef, ob man denn wirklich jede Uniklinik im Land brauche – wofür sie vereinzelt Applaus vom Publikum erntete: „Die haben den Auftrag, Forschung und Lehre sicherzustellen, machen aber die teuerste Medizin.“ Doch auch für die großen Häuser werde sich viel ändern, eventuell gar ein Schrumpfungsprozess einsetzen, prognostiziert Menzel. „Mir oder Herrn Scholz wird oft gesagt, wir hätten gut reden, wir bekämen am Ende sogar noch etwas dazu – aber dem ist nicht so.“ Menzel arbeite in der Region Osthessen an Weiterbildungsverbünden: Die Liebe zwischen den Krankenhäusern wachse zwar „mit der Entfernung – doch nun müssen wir auf die zugehen, die direkt vor der Tür sind“. Scholz mahnte an, nun, da der Entwurf vorliege, die „Flughöhe der Appelle“ zu verlassen und konkrete Vorschläge zu machen. „Es geht nicht um die Daseinsvorsorge von Klinikgeschäftsführern, sondern um die beste Versorgung der uns anvertrauten Patienten.“

Autor

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Mit unserem täglichen Newsletter informieren wir bereits rund 10.000 Empfänger über alle wichtigen Meldungen aus den Krankenhäusern und der Gesundheitsbranche

Kontakt zum Kundenservice

Rufen Sie an: 0 56 61 / 73 44-0
Mo - Fr 08:00 bis 17:00 Uhr

Senden Sie uns eine E-Mail:
info@bibliomedmanager.de

Häufige Fragen und Antworten finden Sie im Hilfe-Bereich