Der Aufsichtsrat setzt auf Kontinuität: Trotz Kritik am Verkaufsverbot ostfriesischer Tageszeitungen bleibt Klinikchef Balster im Amt.
Nachdem er zeitweise ein Verkaufsverbot von ostfriesischen Tageszeitungen an seinen Krankenhäusern verhängt hatte, darf der Geschäftsführer der Kliniken Aurich-Emden-Norden, Dirk Balster, sein Amt behalten. "Der Aufsichtsrat und die Gesellschafter setzen auf die Fortführung der sehr erfolgreichen Zusammenarbeit mit Herrn Balster, so wie es auch schon von den leitenden Angestellten und der Personalvertretung der Kliniken öffentlich gefordert wurde", teilten der Aufsichtsratschef der Klinik-Trägergesellschaft, Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff, und sein Stellvertreter, Aurichs Landrat Olaf Meinen (beide parteilos), gemeinsam mit.
Klinik-Chef Balster sagte in einer Mitteilung nach einer Aufsichtsratssitzung in Aurich aber, dass das Verkaufsverbot "in der Rückschau" ein Fehler gewesen sei. "Die Herausnahme lokaler Zeitungen aus dem Verkaufsangebot klinikeigener Cafés war nicht zielführend", sagte Balster.
Das von dem Klinik-Geschäftsführer verhängte Verkaufsverbot für mehrere ostfriesische Tageszeitungen hatte Mitte August für Aufsehen gesorgt. Vorausgegangen war eine kritische Berichterstattung über die Kliniken. Die Aufsichtsratsspitzen Kruithoff und Meinen machten Balsters Entscheidung kurze Zeit später rückgängig.
Auch die Gremienmitglieder von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung hätten bei der Sitzung "ihr Missfallen" über Balsters Entscheidung "einhellig zum Ausdruck" gebracht, teilte die Trägergesellschaft des Klinikverbundes weiter mit. Auf Vorschlag des Klinik-Geschäftsführers sei beschlossen worden, die "Ablauforganisation der Kommunikation" zeitnah neu aufzustellen.
Viele Bürgerinnen und Bürger hatten die Aktion des Klinik-Chefs etwa in sozialen Netzwerken scharf kritisiert. Aus Teilen der Lokalpolitik wurden Rücktrittsforderungen an Balster laut. Leitende Mitarbeiter der Kliniken stellten sich dagegen hinter ihren Chef. "Strittige Entscheidungen sollen benannt werden, aber nicht als Vorwand dienen, um eine umfassende unternehmerische Leistung in Frage zu stellen", hieß es in einem offenen Brief.
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies kritisierte am Dienstag den Vorgang. Wer Verantwortung trage, müsse Kritik aushalten, sagte der SPD-Politiker der "Emder Zeitung". "Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen – das gehört dazu. In diesem Lichte senden die Vorgänge am Klinikverbund Aurich-Emden-Norden sehr unglückliche Signale."
Was vor dem Verkaufsverbot passierte
Vorausgegangen war eine Debatte über die Berichterstattung lokaler Medien über die Qualität der Gesundheitsversorgung im nordwestlichen Ostfriesland. Zu der Trägergesellschaft zählen die Ubbo-Emmius-Kliniken in Aurich und Norden (Landkreis Aurich) sowie das Klinikum Emden.
Die Trägergesellschaft hatte Ende Juli in einer öffentlichen Stellungnahme kritisiert, die Lokalpresse stelle "immer wieder" die Versorgungsqualität der Krankenhäuser infrage. "Aus ausgewählten, aus dem Zusammenhang des gesamten medizinischen Verlaufs gerissenen Einzelfällen werden strukturelle Qualitätsmängel beschworen, die nicht gesicherte und selektive Schuldzuweisungen enthalten und erhebliche Unsicherheit in der Bevölkerung schüren sollen", hieß es in der Stellungnahme, die von Geschäftsführer Balster unterschrieben war. Der Klinik-Chef warf den Lokalzeitungen eine "überwiegend tendenziöse und fahrlässige Berichterstattung" vor und appellierte an die Medien, diese "zu überdenken und zu modifizieren".
Die Redaktionsleiter der vier ostfriesischen Tageszeitungen, "Ostfriesen-Zeitung", "Ostfriesische Nachrichten", "Emder Zeitung" und "Ostfriesischer Kurier" wiesen die Kritik öffentlich zurück. "Wir werden weiterhin Missstände benennen, Fragen stellen und Verantwortliche benennen – sachlich, fair und unabhängig", teilten die Zeitungen mit.
Verkaufsverbot löst bundesweit Empörung aus
Kurz darauf kam es zum Verkaufsverbot der Tageszeitungen in den Kliniken. Die Trägergesellschaft begründete dies mit Patientenschutz. Man habe "verstärkt Rückmeldungen von Patienten erhalten, die durch die Berichterstattung der lokalen Medien über unsere Kliniken sehr beunruhigt waren, so dass wir zum Schutz unserer Patienten bis auf weiteres diese Publikationen aus dem Verkauf genommen haben", teilte ein Kliniksprecher den Zeitungen mit.
Die Landesgeschäftsführerin des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) in Niedersachsen, Christiane Eickmann, sprach von einem "klaren Verstoß gegen die Pressefreiheit". Dieser Vorgang sei beispiellos und könne durchaus als Einschüchterungsversuch verstanden werden.
dpa