Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zur Sozialversicherungspflicht von sogenannten „Poolärzten“ fürchten Kliniken, wie auch die RKH-Gesundheit, volle Notaufnahmen. Ebenso das Team des Klinikums Hochrhein in Waldshut kämpfe bereits jeden Tag in der Notaufnahme mit steigenden Patientenströmen, berichtet die Badische Zeitung. Nun sei zu erwarten, dass der Zulauf an Patienten weiter zunehme.
Geschäftsführer des Waldshuter Klinikums, Hans-Peter Schlaudt, bangt um die Folgen des Urteils: „Denn ohne dramatisieren zu wollen: Dieses Urteil könnte Sorge dafür tragen, dass die Notfallversorgung am Hochrhein zusammenbricht.“ Entsprechend arbeite die Klinikleitung gemeinsam mit den medizinischen Experten im Haus an einer praktikablen Lösung, erklärt Schlaudt. Das Wort „Katastrophe“ reiche nicht aus, um zu beschreiben, was auf das Waldshuter Krankenhaus zurolle.
Das Gerichtsurteil des BSG
Das BSG hatte im Zuge einer Klage eines Zahnarzts in seinem Urteil festgestellt, dass Poolärzte im Notfalldienst nicht automatisch selbstständig und daher sozialversicherungspflichtig sind. Hierbei handelt es sich, im Gegensatz zu verpflichteten Vertragsärzten, zum Beispiel um Ruheständler und Klinikärzte. Laut Kassenärztlicher Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) ist eine Sozialversicherungspflicht für alle Ärzte weder finanziell noch organisatorisch zu stemmen – das bestehende System könne in der bisherigen Form nicht weitergeführt werden. Seit 25. Oktober 2023 gelte ein Notfallplan, der zunächst für drei Monate greife. Rettungsdienst und Notaufnahmen sind von dem Urteil nicht betroffen. Bisher übernahmen rund 3.000 Poolärzte freiwillig etwa 40 Prozent aller Dienste in 115 Notfallpraxen.
Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte sich im Interview mit dem SWR kritisch. Das Urteil des Bundessozialgerichts wäre zu verhindern gewesen. Mehrere Bundesländer, so auch Baden-Württemberg, hätten eine Ausnahmeregelung gefordert, der Vorschlag sei vom Bundesgesundheitsministerium allerdings abgelehnt worden. Dies sei bar jeder Vernunft, so Lucha.
(Teil-)Schließungen und Einschränkungen für Notfallpraxen
Laut KVBW sind folgende Notfallpraxen geschlossen:
- Geislingen (Kreis Göppingen)
- Buchen (Neckar-Odenwald-Kreis)
- Schorndorf (Rems-Murr-Kreis)
- Möckmühl (Kreis Heilbronn)
- Waghäusel-Kirrlach (Kreis Karlsruhe)
- Künzelsau (Hohenlohekreis)
- Bad Säckingen (Kreis Waldshut)
- Schopfheim (Kreis Lörrach)
In anderen Notfallpraxen werden die Öffnungszeiten auf das Wochenende beschränkt oder nur noch zum Teil fortgeführt.
Zu Einschränkungen kommt es in den Praxen:
- Mühlacker (Enzkreis)
- Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg)
- Rastatt, Singen, Herrenberg (Kreis Böblingen)
- Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis)
Weitere Notfallpraxen werden ihre Öffnungszeiten in Zukunft reduzieren.