Sie sind Personen des öffentlichen Lebens, viele kennen ihre Namen und Gesichter. Ihre Dienstleistungen sind begehrt, und sie werden von den Medien hofiert, zitiert und interviewt. Gemeint sind die Chefärzte. Exponierte Mediziner, deren Meinung Gewicht hat. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an sie. Zunehmend auch im Bereich Unternehmenskommunikation. Sie sollen ihr Unternehmen, ihre Klinik, ihre Abteilung repräsentieren – nach innen und außen, öffentlichkeitswirksam, professionell und überzeugend. Dafür braucht es kritische Selbstreflexion, Training und Teamarbeit mit den PR-Experten im eigenen Haus.
Wo früher starre Hierarchien und Abläufe den Arbeitsalltag im Krankenhaus regelten, sind heute Kommunikation und Teamarbeit gefragt. Das gilt vor allem für das Abteilungsmanagement der Chefärzte und leitenden Oberärzte: Sie müssen kommunizieren – mit Kollegen, Mitarbeitern und anderen Abteilungen, mit Patienten und deren Angehörigen, mit Einweisern und Partnern, mit der Öffentlichkeit und den Medien. Das Argument „wir machen gute Medizin" ist schon lange kein alleiniger Erfolgsgarant mehr. Um am Markt bestehen zu können, brauchen Kliniken heute eine positive Außenwirkung – als engagierter und fürsorglicher Gesundheitsanbieter, der nicht nur medizinisch und menschlich, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich agiert. Diese Kommunikation braucht Regeln für das Was, Wie, Wann und Wer mit Wem. Und die Kooperation mit den PR-Verantwortlichen. Sonst droht eine babylonische Sprachverwirrung.
Kommunikation ist nicht alles, aber ohne sie läuft es nicht
Die PR-Abteilungen der Kliniken sind abhängig von Informationen aus dem Haus, um Pressemitteilungen nach außen geben zu können. Nachrichten und Erfolgsmeldungen sind somit eine Bringschuld der einzelnen Abteilungen und Institute. Die Teams sollten ihre tägliche Arbeit regel-mäßig hinsichtlich Leistungen und Ereignissen überprüfen, die es verdienen, einer breiteren Öffentlichkeit mitgeteilt zu werden.
Die Chefärzte und leitenden Oberärzte müssen Sorge tragen, dass dieser Informationsfluss gewährleistet ist. Das gilt auch für Kongressauftritte, Preisverleihungen oder Veröffentlichungen. Die Pressestelle muss informiert sein. Nur so kann ein einheitlicher Auftritt nach außen sichergestellt werden. Auch das Engagement im Rahmen von Medienkooperationen sollte abgestimmt werden, damit die Kommunikation eine feste Struktur und vor allem Kontinuität gewinnt. Was für die Kommunikation nach außen gilt, gilt auch für die interne Kommunikation: Ob personelle Wechsel oder betriebliche Umgestaltungen – Veränderungen müssen rechtzeitig kommuniziert und mit dem Bereich Unternehmenskommunikation abgestimmt werden.
Zusammenarbeit mit der Abteilung Unternehmenskommunikation
Wie sollte dieser Informationsfluss organisiert werden? Der jeweilige Chefarzt muss seine Pressestelle und die dort handelnden Personen kennen. Und umgekehrt. Die Pressestelle ist der zentrale Kommunikations- und Mediendienstleister des Hauses, aber auch eine strategische Abteilung des Krankenhaus-Managements. Damit hat sie sich den Interessen des Gesamtklinikums zu verschreiben. Dies geschieht nicht immer zur Freude der Partikularinteressen einer Abteilung. Hier sind Verständnis und Einsicht der anderen Chefärzte gefordert – auch hier ist Kommunikation unerlässlich.
Die Abteilung Unternehmenskommunikation kann nicht auf Zuruf arbeiten, wie es noch immer so oft in Kliniken vorkommt. Wenn ein Chefarzt seinen Pressesprecher anruft und sagt, er habe ein interessantes Thema, das wichtig und eine Schlagzeile wert sei und in die Zeitung solle, empfiehlt es sich, gemeinsam zu beraten, wie das Thema zu bewerten ist beziehungsweise durch welche Maßnahmen angereichert es tatsächlich zu einer „Story" für Journalisten werden kann. Wer im Rampenlicht steht, sollte souverän und professionell wirken. Ein guter Pressesprecher bietet „seinen" Chefärzten daher auch Weiterbildung an; beispielsweise entsprechende Trainings für den Umgang mit den Medien, Seminare mit dem Inhalt „Wie erkenne ich ein Thema" oder Schulungen mit Journalisten, um die Professionalität der Themenfindung zu verbessern.
Kontakte zu Journalisten sind gut – wenn sie richtig genutzt werden
Viele Chefärzte haben gute Kontakte zu Journalisten, zu Chefredakteuren und Verlagsleitern. Man kennt sich. Über Veranstaltungen, Clubs und gesellschaftliche Verbindungen. Aber nicht immer werden diese Kontakte zum Wohl der Klinik genutzt. Und nicht immer werden Gespräche und Informationsaustausch mit den Pressestellen abgestimmt. Solche „Alleingänge", wie sie viele Pressestellen nur allzu gut kennen, führen am Ende häufig zu Durcheinander und Missverständnissen. Manchmal auch zu Ärger, den die Pressestellen wieder bereinigen müssen. Der Leiter Unternehmenskommunikation oder der Pressesprecher sind verantwortlich für die externe Kommunikation und müssen ihren „Kopf hinhalten".
Für eine professionelle Unternehmenskommunikation gilt: Ohne Abstimmung und ohne Zustimmung der Pressestelle spricht niemand. Das ist für viele Führungskräfte in Kliniken schwer zu verstehen und zu lernen. In anderen Wirtschaftsbereichen und Unternehmen hingegen ist dies selbstverständlich. In den Krankenhäusern muss ein Umdenken stattfinden: Der Genehmigungsprozess der Pressestelle darf nicht als Zensur eingestuft werden. Richtig verstanden und praktiziert, dient er dem Schutz des Unternehmens und dem Schutz der Mitarbeiter und Führungskräfte.
Wie oft schon hat ein Chefarzt, der zuvor mit einem Journalisten gesprochen hat, am nächsten Tag das Veröffentlichte nicht wiedererkannt. Er habe doch etwas ganz anderes am Telefon gesagt, berichtet er entschuldigend und enttäuscht seinem Kommunikationsexperten. Richtig wäre, sich die Medienprofessionalität der eigenen Pressestellen zunutze zu machen. Die Pressesprecher können beispielsweise gewünschte schriftliche Antworten gegenlesen oder bei Interviews und Gesprächsterminen anwesend sein. Sie beraten und weisen rechtzeitig auf kritische Punkte hin, erläutern, was wie formuliert oder besser nicht gesagt werden sollte.
Pressearbeit braucht Netzwerke
Kliniken sind keine Opfer der Medien. Sie agieren und gestalten ihre Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aktiv. Dazu gehört vor allem, dass sie offensiv und offen kommunizieren. Es gilt, Kooperationen mit Medien zu suchen, neue und unterschiedliche Kanäle zur Öffentlichkeit zu nutzen, eigene Publikationen zu entwickeln, um die Unabhängigkeit zu erhöhen, und schließlich sich für kommende und wahrscheinliche Krisensituationen professionell zu wappnen. Chefärzte müssen akzeptieren, dass sie in der Regel gute Mediziner sind, aber – wie andere Menschen auch – nicht alles können, zumindest nicht alles gleich gut.
Das bedeutet, sie müssen lernen, im interdisziplinären Team mit Kommunikationsprofis zusammenzuarbeiten. Kommunikation in einer Klinik kann nur als Teamarbeit erfolgreich sein. Hierfür bedarf es gut funktionierender interner Netzwerke. Der eine hat ein Thema, der andere bearbeitet, präpariert und übersetzt es für die Kommunikationskanäle und -instrumente, veröffentlicht und unterstützt andere bei der Präsentation. Der Pressesprecher hat die Aufgabe, sowohl gute als auch schlechte Nachrichten erfolgreich zu kommunizieren – nach innen und außen. Der Chefarzt und die Mitarbeiter seiner Abteilung sind zunächst „Themen-Lieferanten. Gleichzeitig ist der Chefarzt ein führender Akteur in der Kommunikation, medizinischer Experte und Sympathieträger der Klinik mit viel Außenwirkung. Daher verwundert es auch nicht, dass Journalisten nicht selten ihre „Schleichwege" zu Themen und Ansprechpartnern nutzen.Einige Chefärzte fühlen sich geschmeichelt, wenn ein Journalist sie auf direktem Wege anruft, ohne über die Pressestelle zu gehen. Das ist nicht immer kollegial gegenüber den Pressesprechern und stärkt auch nicht deren Position.
Der Erfolg eines solchen bilateralen Informationsaustausches ist zweifelhaft. Die Kommunikation einer Klinik ist nur so gut wie das schwächste Glied in der Kette „Pressestelle – Klinik-Management – ärztliche Führungskräfte". Ist der Pressesprecher das schwächste Glied, dann verlieren auf Dauer auch die Chefärzte, die über gute Medienkontakte verfügen. Und: Ein Pressesprecher, der nie einbezogen und unterstützt wird, zeigt auf Dauer nur geringes Interesse, diesen Chefarzt und seine Abteilung zu unterstützen, wenn man ihn braucht. Kommunikation ist ein Mannschaftsspiel. Der Spielführer ist der Kommunikationsprofi, er ordnet das Team. Gegenüber den Medien geht es zumeist um die Medizin. Deshalb spielen Chefärzte und ihre Abteilungen im Sturm. Was erwartet man von ihnen? Tore! Jeder gute Artikel, jeder gute TV- und Rundfunk-Bericht ist ein Treffer – je mehr, umso besser.
Ohne Unternehmenskommunikation geht nichts im Wettbewerb
Unternehmenskommunikation ist nicht alles, aber ohne sie geht es im Wettbewerb nicht. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist kein Mysterium, vielmehr folgt sie Regeln. Zu einem professionell arbeitenden Klinikum gehört eine ebensolche Unternehmenskommunikation mit Kommunikationsexperten. Die Basis für ihre Arbeit bildet die Unternehmensstrategie des Hauses, die auf den Vorgaben des Vorstandes beruht. Zum Handwerkszeug gehören ein Umsetzungsplan, den die Abteilungsebene zu berücksichtigen hat, interne und externe Netzwerke, klare Kommunikationsregularien mit Krisen-PR, Medienkooperationen sowie geeignete eigene Publikationsplattformen.
Die Unternehmenskommunikation ist neben ihren strategischen Aufgaben zu einem großen Teil Dienstleister für das Kerngeschäft, die Medizin, und die anderen Abteilungen des Klinikums. Chefärzte und ihre Abteilungen unterstützen die Arbeit der Unternehmenskommunikation, die sie wiederum unterstützt. Beide Bereiche brauchen einander, deshalb bilden sie ein Experten-Netzwerk. Chefärzte nutzen in wachsendem Maße die Möglichkeiten, ihr Haus und ihre Abteilungen in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Damit können sie zum Erfolg ihres Klinikums beitragen. Das Thema Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gehört deshalb in die Auswahlgespräche zur Besetzung von Führungspositionen – auch im ärztlichen Bereich. In den Arbeitsverträgen sollten diesbezügliche Agreements nicht fehlen. Im Gegenteil: Vereinbarte Bonuszahlungen schaffen Anreize für besonderes Engagement, fördern so die interne und externe Netzwerkbildung für Unternehmenskommunikation und belohnen schließlich die gemeinsam erzielten Erfolge.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Ein Thema für ärztliche Teamsitzungen
Mindestens einmal monatlich sollten Chefärzte und leitende Oberärzte in einer Teamsitzung mit den Mitarbeitern über Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sprechen. Dabei können beispielsweise die unten genannten Themen erörtert werden. Sinnvoll ist auch, von Zeit zu Zeit den Pressesprecher beziehungsweise einen Mitarbeiter der Pressestelle zu diesen Sitzungen einzuladen. Ein Kurzprotokoll über die in der Teamsitzung besprochenen PR-Themen sowie Wünsche und Vorschläge sollte auf jeden Fall an die Pressestelle geschickt werden. Beschwerden, Schadensfälle oder Ähnliches mit möglicher öffentlicher Relevanz Themen für die Mitarbeiterzeitung Themenvorschläge für Pressearbeit Kongressteilnahmen, Preise, Auszeichnungen, Forschungserfolge, Ehrenämter Neue Therapien, neue Geräte Personelle Veränderungen, Jubiläen Behandlung von VIPs und Promis Erstellung von Flyern und Broschüren Beteiligungen an Medienkooperationen Durchführung von eigenen Veranstaltungen für einweisende Ärzte, Patienten, Partner oder Zulieferer
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Siegmar Eligehausen, Brook 2, 20457 Hamburg