Juraklinik Scheßlitz optimiert ihre Prozesse mit Lean Management

"Schlanke Prozesse" senken die Kosten und erhöhen die Versorgungsqualität

  • f&w
  • Kooperation in der Praxis
  • 01.04.2008

Lean Management ist aktuell eines der großen Themen in der Gesundheitswirtschaft. Das Konzept der „schlanken Prozesse" und seine Instrumente versetzen Kliniken in die Lage, durch Vermeidung unnötiger Aktivitäten die Kosten zu senken und durch Konzentration auf Wertschöpfung die Qualität zu steigern. Im September 2007 hat die Juraklinik Scheßlitz acht Mitarbeiter an der Stryker LeanAcademy zu Projektleitern im Lean Management ausbilden lassen. Durch die Anschlussprojekte in Kombination mit einem Vor-Ort-Coaching durch Stryker Healthcare Services realisiert die Klinik allein im OP Effizienzgewinne in Höhe von jährlich 200 000 Euro.

Seit 1995 wird die Juraklinik unter Trägerschaft der Gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft des Landkreises Bamberg mbH nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen geführt. Das Krankenhaus hat eine Kapazität von rund 120 Betten und ist medizintechnisch optimal ausgestattet. Eine qualifizierte pflegerische Betreuung, verbunden mit hohen Leistungsstandards bei Unterkunft und Verpflegung, sorgt für eine familiäre Atmosphäre und erleichtert Patienten den Krankenhausaufenthalt. Obwohl das Haus innerbetriebliche Maßnahmen zur Sicherung und weiteren Verbesserung des Standards vorgenommen hatte, erwiesen sich die Zentralambulanz und der OP in jüngster Vergangenheit zunehmend als Engpässe und Sorgenkinder der Juraklinik. Während die Leistungsfähigkeit der Zentralambulanz insbesondere unter ungeplanten Überstunden und infolgedessen unter zunehmendem Motivationsverlust der Mitarbeiter litt, gab es im OP überdurchschnittlich hohe Wechselzeiten, Verzögerungen in der OP-Durchführung durch Instrumenten- und Materialbeschaffung sowie starke Abweichungen von der Planung.

Lean Management mit starkem Partner

Im Bestreben nach Lösungen entschied sich die Juraklinik Scheßlitz, den Weg der kleinen, schnellen Optimierungsschritte im Sinne des Lean Managements zu gehen. Lean Management, Mitte des 20. Jahrhunderts von Toyota zur Optimierung der Prozesse in der Automobilproduktion entwickelt, bietet viele Vorteile. Vor allem den, dass die Veränderungen von den Mitarbeitern getragen werden. Zudem werden die wertschöpfenden Prozessschritte aus Sicht des Patienten gestärkt und die nicht wertschöpfenden Aktivitäten reduziert. Mit anderen Worten: Lean Management schafft damit den Spielraum für die Akteure innerhalb eines Krankenhauses, Behandlungsqualität und -quantität zu steigern. In der Umsetzung galt es zunächst, einen geeigneten Partner zu bestimmen.

Die Wahl fiel auf das Stryker Team Healthcare Services. Dafür sprach neben der ausgewiesenen Expertise im Lean Management die praktizierte Form des Wissenstransfers in die Klinik. Vor diesem Hintergrund ließ die Juraklinik Scheßlitz im Herbst 2007 insgesamt acht Mitarbeiter zu Projektleitern im Lean Management durch Stryker in Kooperation mit der University of Tennessee ausbilden. Im Anschluss startete die Prozessoptimierung in der Zentralambulanz und im OP. Aktuell läuft die Umstellung in der Zentralambulanz. Im OP wurden die grundlegenden Veränderungen mit Methoden des Lean Managements bereits erfolgreich umgesetzt.

  Stabilisierung und Optimierung der Prozesse Vor der Optimierung stand die Stabilisierung der Prozesse an. In diesem Zusammenhang reduzierten die Mitarbeiter und die Stryker Projektcoaches zunächst den Materialbestand von rund 17 000 auf 1 000 Einzelteile und schufen neuen Freiraum. Auch die Zwischenlagerung an verschiedenen Stellen wurde abgeschafft. Um die Verfügbarkeit von Material bei verringertem Bestand zu gewährleisten, führte die Klinik ein Kanban-System ein. Dieses zeigt mit einfachen visuellen Hilfsmitteln auf, wann und wie viel von einem bestimmten Artikel nachbestellt werden muss. So kennzeichnen jetzt Bodenmarkierungen im OP sowie in den Ein- und Ausleitungsräumen, wo sich ein bestimmter Gegenstand zu befinden hat. Räume und Gegenstände, die zu einem bestimmten Raum gehören, wurden farblich codiert. Das vereinfacht die Zuordnung deutlich. Durch kleinere Ein- und Umbaumaßnahmen im Sterilflur entstanden neue Lagermöglichkeiten. Viele Dinge sind jetzt schneller griffbereit. Durch den gewonnenen Platz konnte zudem ein Raum als neues Hauptlager definiert werden, der im Gegensatz zur vorherigen Situation ohne Durchqueren des OP aufgefüllt werden kann. Außerdem wurden für die Anästhesie Wagen eingerichtet, auf denen sich alles Notwendige befindet, das somit sofort griffbereit ist. Durch die Maßnahmen haben sich die Wegstrecken für die Mitarbeiter deutlich reduziert, was zu Zeitersparnissen führt. Vor allem aber konnte das Suchen nach bestimmten Dingen drastisch eingeschränkt werden, und es gab wesentlich weniger Störungen im OP-Ablauf. Nach der Stabilisierung folgte die Optimierungsphase. Dazu erstellte die Juraklinik insbesondere ein neues OP-Statut, das von allen Ärzten und Mitarbeitern unterzeichnet wurde und unter anderem Folgendes enthält: Bereits am Vorabend wird der erste Patient des kommenden Morgens bestimmt – eine wichtige Voraussetzung für einen pünktlichen Beginn. OPs mit geringer Variabilität werden zuerst vorgenommen, damit durch Abweichungen nicht die gesamte Planung durcheinandergerät. Außerdem werden OPs bereits eingeleitet, während sich der Saal noch in Vorbereitung befindet. Zehn Minuten vor Ende einer OP signalisiert der Arzt dies dem Springer. Der kann dann schon Material für die nächste OP vorbereiten und Reinigungskräfte informieren. Der Erfolg kann sich sehen lassen Von der Prozessoptimierung profitieren alle Beteiligten. Die Juraklinik spart rund 200 000 Euro an reinen Kosten pro Jahr durch die Reduktion von Überstunden und Inventar ein. Die neu gewonnenen OP-Kapazitäten bringen außerdem ein Mehrerlöspotenzial von rund einer Million Euro ein. Das Haus konnte gleichzeitig Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter signifikant steigern. Und auch die Patienten freuen sich: Für sie verkürzen sich Wartezeiten und OP-Dauer. Anschrift der Verfasserin: Brigitte Angermann, stellvertretende Geschäftsführerin Juraklinik Scheßlitz Gemeinnützige Krankenhausgesellschaft des Landkreises Bamberg mbH, Oberend 29, 96110 Scheßlitz  

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