Ein bewegtes gesundheitspolitisches Jahr 2018 geht zu Ende, das stark von den Aktivitäten unseres Bundesgesundheitsministers Jens Spahn dominiert war. Zum Amtsantritt hatte er angekündigt, schnell Nägel mit Köpfen zu machen und das Problem des viel postulierten Pflegenotstands zu lösen. Dazu wurden das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG), das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) und das Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) auf den Weg gebracht.
Die Zusage, schnelle Lösungen in Form von Gesetzen zu liefern, ist weitgehend eingehalten. Das PpSG und das GKV-VEG sind auf der Zielgeraden und können zum Jahresanfang in Kraft treten. Bleibt nur noch die Frage, ob die Regulierungen halten, was sie versprechen. Sind sie praxistauglich? Sind tatsächlich spürbar mehr Kolleginnen und Kollegen in der Pflege in Krankenhäusern tätig? Hat sich die Arbeitssituation dadurch verbessert? Gibt es weniger Stress und Bürokratie und mehr Zeit für die Patienten? Profitiert auch die Pflege in den Altenheimen von den Neuerungen? Bleiben trotz aller Verbesserungen für die Pflege auch die Pflegekräfte ihrer Tätigkeit in der Reha treu, oder wechseln sie in die besser bezahlten Jobs in den Krankenhäusern?
Ja, die Regelungen haben eindeutig Potenzial, mehr Pflegekräfte ins Krankenhaus zu bekommen, und das ist gut so. Auch eine bessere Bezahlung gehört dazu, den gesellschaftlichen Wert der Pflege auszudrücken. Meine Zweifel habe ich jedoch, ob es kurzfristig gelingen kann, mehr Menschen in die Pflegeabteilungen zurückzuholen – ob als Wiedereinsteiger oder als solche, die ihre Arbeitszeit aufstocken. Dafür vermisse ich echte Anreize für die Pflegekräfte. Bedauerlich ist, dass bislang noch niemand auf die guten Vorschläge von Staatssekretär Andreas Westerfellhaus gehört hat, nämlich Pflegekräften und Krankenhäusern Prämien für Wiedereinsteiger und Teilzeitaufstocker zu zahlen. Auch Steuererleichterungen in Form höherer Freibeträge für Pflegekräfte wären aus meiner Sicht ein probates Mittel. Oder die Krankenhäuser hätten Mittel bekommen, um Nachteile in den Tarifverträgen ausgleichen zu können. Noch immer bestehen starke Unterschiede in der Bezahlung zwischen Ost und West, aber auch zwischen verschiedenen Krankenhausträgern. Das wäre ein starkes und spürbares Signal für die Pflegekräfte gewesen!
Und die vorgenommene Ausgliederung der Pflegekosten? Die Unterstellung, Kliniken hätten wegen der DRG-Fallpauschalen massiv Pflegepersonal abgebaut, stimmt nicht. Das belegen die Zahlen des Statistischen Bundesamts. Stattdessen wird gutes Pflegepersonal gesucht. Wenn es das aber nicht gibt und die Ausbildung zwischen drei und fünf Jahren dauert, könnte sich die finanzielle Stabilität der Krankenhäuser ab 2020 deutlich verschlechtern.
Bewusst außen vor blieben die rund 30.000 Pflegekräfte in der Reha. Seit April 2018 haben wir in vielen Gesprächen mit Politikern und Ministerien, in Stellungnahmen, Anhörungen und Presseveröffentlichungen auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Pflegekräfte in den Reha-Kliniken bei den Verbesserungen einzubeziehen. Man kann nicht annehmen, dass es für die Reha folgenlos bleibt, wenn Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen besser bezahlt werden. So wird die Reha zerrieben. Für die Reha geht es deshalb künftig noch stärker darum, dass sie auf sich aufmerksam macht. Damit sie nicht wieder von den Politikern vergessen wird!