Jens Spahn will die Psychotherapeutenausbildung reformieren. Kernstück seiner Gesetzesvorlage ist ein fünfjähriges Hochschulstudium der Psychotherapie. Von Ärzteverbänden hagelt es Kritik. Maria Klein-Schmeink begrüß dagegen den Reformvorschlag. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen diskutiert auf dem DRG-Forum, wie eine bedarfsorientierte psychotherapeutische Versorgung aussehen könnte.
Frau Klein-Schmeink, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plant eine Reform der Psychotherapeutenausbildung und will einen eigenen Studiengang dafür einführen. Wie beurteilen Sie den Gesetzentwurf dafür?
Die Reform der Psychotherapeutenausbildung ist mehr als überfällig. Die Schwachstellen, die dringend behoben werden müssen, sind schon lange bekannt: schlechte oder gar keine Bezahlung der praktischen Tätigkeit, rechtliche Unsicherheit sowie unklare Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung, weil im Psychotherapeutengesetz noch keine Anpassung an das Bachelor-Master-System erfolgt ist. Die geplante Reform ist deshalb ein wichtiger Schritt, der Referentenentwurf lässt auf den ersten Blick aber noch etliche Fragen ungelöst. Maßstab einer gelungenen Reform muss sein, dass die Finanzierung der Weiterbildung geregelt ist. Denn sonst besteht die prekäre Situation der Psychotherapeuten in Ausbildung fort. Wichtig ist auch, dass es eine Übergangsregelung mit fairer Vergütung für die bereits in Ausbildung stehenden PiAs geben muss.
Welche Folgen erwarten Sie für die Krankenhäuser?
Die angemessene Bezahlung der zukünftigen Psychotherapeuten in Weiterbildung muss sich im Psychiatrieentgelt abbilden.
Wenn Sie das psychiatrische System neu denken könnten: Wie sähe eine bedarfsorientierte strukturierte Versorgung aus?
Was wir dringend brauchen, ist ein aufeinander abgestimmtes Versorgungskonzept für den gesamten Bereich der psychischen Gesundheit. Dazu gehören genügend ambulante Versorgungsangebote ohne lange Wartzeiten, die es ermöglichen, Menschen in akuten Krankheitsphasen und Krisen frühzeitig aufzufangen, sowie der Ausbau einer gemeindenahen und personenzentrierten Versorgung. Es ist unzumutbar, dass psychisch erkrankte Menschen derzeit oft monatelang auf psychotherapeutische Hilfe warten müssen. Dabei gäbe es ausreichend Therapeuten. Sie werden jedoch nicht für die Kassenabrechnung zugelassen. Die Bedarfsplanung muss deshalb schnellstmöglich reformiert werden und sich künftig am tatsächlichen Bedarf orientieren. Gerade bei schweren psychischen Erkrankungen müssen zudem mehr Möglichkeiten geschaffen werden, die Hilfsangebote zwischen ambulanter und stationärer Behandlung flexibler zu gestalten und gleichzeitig feste Ansprechpartner für die Erkrankten zu gewährleisten. Denn komplexe Versorgungsangebote benötigen eine enge Zusammenarbeit zwischen den Sektoren und Berufsgruppen. Patientinnen und Patienten benötigen wiederum individuelle Bezugspersonen und personelle Kontinuität.