Wir setzen unsere im Januar begonnene Interviewserie zum Thema „Betriebliches Gesundheitsmanagement in den Mitgliedskliniken“ fort. In diesem Monat stehen Dr. Hans-Heinrich Aldag, Geschäftsführender Gesellschafter der Waldklinik Jesteburg, und Dr. Stephan Biesenbach, Ärztlicher Leiter des Geschäftsbereichs Prävention und Gesundheitsförderung Passauer Wolf, Rede und Antwort.
Welchen Stellenwert hat das betriebliche Gesundheitsmanagement in Ihrer Reha-Klinik? Ist es „Pflicht“ oder „Kür“ Ihrer Personalpolitik?
Dr. Hans-Heinrich Aldag: Das BGM ist für uns keinesfalls eine „lästige“ Pflicht, allerdings sehen wir die ständige Weiterentwicklung diesbezüglich bedarfsorientierter Angebote heute als unumgängliche Verpflichtung für ein sich als mitarbeiterorientiert verstehendes Unternehmen an, schon gar für eines aus dem Kliniksektor! Über diese „Pflichterfüllung“ in einem wesentlichen Bereich der Personalpolitik hinaus ist es uns aber – im Sinne von Kür – ein Anliegen, Angebote zu machen, von denen unsere Mitarbeiter auch im privaten Umfeld profitieren und an denen sie Freude haben.
Dr. Stephan Biesenbach: Hinter allen Maßnahmen in unseren Reha-Kliniken steht das Ziel, die Betroffenen in einen besseren Gesundheitszustand zurück in ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu begleiten. Die Konfrontation mit Leiden, Angst und Hoffnungslosigkeit fordert bei unseren Mitarbeitern ein hohes Maß an Empathie, Energie und positiver Einstellung zum Beruf und zum Leben. Nur wer selbst Wertschätzung und intakte Teamstrukturen am Arbeitsplatz erfährt, kann Energie geben. Aus diesem Grund ist es „Pflicht“ und „Kür“ zugleich, gute Konzepte zur betrieblichen Gesundheitsförderung umzusetzen und zu entwickeln.
Welche gesundheitsförderlichen Angebote stoßen bei den Beschäftigten auf besonders große Resonanz und welche eher nicht?
Dr. Hans-Heinrich Aldag: Neben kostenloser Schwimmbad- und Saunanutzung für alle Mitarbeiter sowie Massagen führen unsere Sporttherapeuten wöchentlich Gruppen-Betriebssportcurricula in Drei-Monats-Intervallen durch. Außerdem werden regelmäßig an einem „Waldklinik-Gesundheitstag“ Gesundheitsstationen unter Beteiligung von externen Dienstleistern und Krankenkassen zusammengefasst, mit denen wir weitere BGM-Angebote entwickeln. Guten Zuspruch haben unsere zielgruppenorientierten Projekte: So entstand ein spezielles Angebot „50 Plus“ aus einer Fragebogenaktion für unsere Mitarbeiter. Es besteht aus Impulsvortrag, Praxisseminaren zu Beweglichkeit und Ernährung und speziellen Therapieangeboten. Die Demografie wird künftig mehr solcher Angebote brauchen!
Dr. Stephan Biesenbach: Die Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) orientieren sich bei uns an den klassischen Handlungsfeldern für Prävention. Generell ist es aber nicht damit getan, nur Kurse anzubieten. Unsere BGF-Beauftragten verwenden viel Energie darauf, für die Mitarbeiter bedarfsgerechte Angebote zu entwickeln, die mit dem Arbeitsalltag harmonieren, sie zur Teilnahme zu motivieren und auch dazu, danach am Ball zu bleiben. Wir alle müssen immer wieder unseren „inneren Schweinehund“ überwinden.
Wie macht sich Ihr Engagement für gesunde Mitarbeiter bezahlt?
Dr. Stephan Biesenbach: Unser Ziel ist es, eine gesunde und sinnstiftende Arbeitsumgebung zu schaffen, die für unsere Patienten, Gäste und Mitarbeiter gleichermaßen gesundheitsfördernde Effekte hervorbringt. „Lebens- und Arbeitsplatz-Harmonie“ anstelle von „Work-Life-Balance“ kann man das nennen. Mitarbeiter, die dies erfahren und authentisch vorleben, sind auch für unsere Patienten und Gäste die besten Motivatoren und Gesundheitsförderer.
Dr. Hans-Heinrich Aldag: Befragungen bestätigen, dass wir mit unseren Maßnahmen auch einen Attraktivitätseffekt für den Arbeitsplatz Waldklinik erreichen. Daneben bemühen wir uns, Rückschlüsse zwischen der Wahrnehmung unserer BGM-Angebote und der Krankheitsquote zu ziehen. Deren nicht triviale Messbarkeit wollen wir weiter verbessern. Umgekehrt wird für unsere Maßnahmen des BGM zum Beispiel in den „Gesundheitsgesprächen“ auch gezielt geworben. Keinesfalls ist es aber ein „Selbstgänger“, sondern muss ständig evaluiert, neu beworben und bedarfsorientiert weiterentwickelt werden.