f&w-Kolumne "Vorstandsvorlage"

Asklepios-Chef Hankeln: "Populistische Bigotterie"

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  • 16.09.2020

f&w

Ausgabe 9/2020

Seite 818

Kai Hankeln

Parteien lieben es zu fordern, das gibt schöne Schlagzeilen. Ganz besonders beliebt sind Forderungen zugunsten von Schwachen. So gesehen überrascht es wenig, dass eine ehemalige Volkspartei mit Neigung zu sozialistischen Nostalgieanwandlungen in ihrem Beschluss des Präsidiums vom 28. Juli eine „sichere und individualisierte Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche fordert.“

Was zunächst verständlich klingt, entpuppt sich denn doch schnell als eine besonders üble, populistische Bigotterie. So werden dem Bevölkerungsanteil der Kinder von 13 Prozent die geringeren Gesundheitskosten von acht Prozent entgegengestellt. Als ob beide Faktoren in allen Lebensphasen parallel laufen müssten! Entsprechend dieser Logik dürften dann alte Menschen, die bekanntlich deutlich mehr unter Krankheiten leiden, auch nur noch Kosten proportional zum Anteil ihrer Bevölkerung verursachen. Aber vielleicht wird hier schon über eine Kürzung nachgedacht, weil sie die Lebenserwartung älterer Menschen reduzieren und so die Grundrente besser finanzierbar machen würde.

Sehr viel Raum nimmt die Kritik am DRG-System ein. Tatsächlich gehört es auf den Prüfstand, aber warum sollen nur Kinder und Geburtshilfe hier herausgenommen werden? Wenn ein System falsch ist, muss man es ändern und nicht einzelne Gruppen separat begünstigen.

Besonders grotesk ist das von Framing-Veteranen der öffentlich-rechtlichen Sender übernommene Märchen von der Schließung pädiatrischer Abteilungen aus ökonomischen Gründen. Tatsächlich gibt es einfach zu wenig pädiatrisches Fachpersonal. Das stellen nicht nur Kliniken aller Trägerform fest, es wird seit 2015 vom Fachverband der Kinderärzte immer wieder öffentlich beklagt.

Der ganze Beschluss klingt, als würde eine langjährige Oppositionspartei eine gänzlich neue Politik planen, sollte sie eines Tages an die Macht kommen. Das ist schlicht absurd. Besonders, wenn man ein paar Beispiele mit nichtprivater Trägerschaft aus einem Bundesland betrachtet, in dem die Wellen öffentlicher Empörung besonders hochschlugen: In Wolgast wurden 2015 die Geburtshilfe und Anfang 2016 die Kinderheilkunde geschlossen. In Ludwigslust 2004 die Kinderklinik und im Juni 2010 die Geburtshilfe. In Riebnitz zum Januar 2009 die Geburtshilfe. Sozialministerinnen waren bei der Schließung der Kinderklinik Ludwigslust Marianne Linke von der PDS, bei den Schließungen in Wolgast Birgit Hesse von der SPD und bei den Schließungen Riebnitz Manuela Schwesig, SPD. Die Landräte waren ebenfalls von der SPD.

Wenn man die aktuelle Situation beklagt, sollte man auch fragen, wie viel man selbst dazu beigetragen hat. Denn – auch wenn es gern vergessen wird – das jetzt so arg gescholtene DRG-System wurde nicht von Raubtierkapitalisten eingeführt, sondern von einer rot-grünen Bundesregierung und einer SPD-Gesundheitsministerin mit dem Namen Ulla Schmidt. Das ist lange her, wird manch eine große Vorsitzende sagen. Aber auch in drei von vier Merkel-Regierungen (auch jetzt noch) regierten die Sozialdemokraten mit und hatten sehr viel Gestaltungsspielraum. Speziell in Mecklenburg-Vorpommern gilt: Niemand hat die heutige Situation der Pädiatrie mehr geprägt als die SPD.

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