Digitale Zwillinge

Wie virtuelle Doppelgänger die Medizin revolutionieren

  • Digitalisierung
  • Technologie
  • 29.02.2024

f&w

Ausgabe 3/2024

Seite 276

Digitale Kopien menschlicher Organe oder gar des ganzen Körpers – das klingt nach Science-Fiction. Doch Forschende arbeiten intensiv an Computerprogrammen, die in Echtzeit möglichst viele Daten von Patienten zusammenführen und analysieren.

Sie gelten als Schlüssel zur personalisierten Medizin: digitale Zwillinge. Gefüttert mit physiologischen und krankheitsrelevanten Daten ließe sich an virtuellen Abbildern von Patienten durchspielen, welche Folgen ihr Lebensstil auf ihre Gesundheit hat, ob und wie Medikamente wirken oder wie wahrscheinlich ein Rückfall nach einer medizinischen Behandlung ist – so die Vision.

Das Konzept ist nicht neu. Schon in den 1960er-Jahren nutzte die NASA Computersimulationen, um verschiedene Szenarien ihrer Raumfahrtmissionen durchzurechnen. In der Industrie sind digitale Zwillinge längst gang und gäbe: Dort helfen sie dabei, Maschinen und Fertigungsstraßen zu steuern oder neue Produkte zu testen. In der Medizin ist das Ganze ungleich schwieriger. Ein vollständiger virtueller Doppelgänger eines Patienten ist Zukunftsmusik. Doch erste Ansätze bei der Modellierung einzelner Organe oder Krankheitsbilder gibt es bereits. Bis sie in der Regelversorgung ankommen, wird es aber noch eine Weile dauern.

Herzversagen früh erkennen

Am Rhön-Klinikum in Bad Neustadt schlägt ein virtuelles Herz. Thomas Deneke, Chefarzt für Kardiologie, will mit seiner Hilfe voraussagen können, ob ein Patient ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod hat. Er leitet ein Pilotprojekt in Kooperation mit Siemens Healthineers, in dem ein digitaler Herzzwilling entwickelt werden soll. Seit drei Jahren forscht er mit seinem Team daran, demnächst soll eine erste klinische Studie starten.

Wenn ein Herz Narben hat, etwa aufgrund eines Herzinfarktes oder einer Herzmuskelentzündung, können diese Narben Herzrhythmusstörungen hervorrufen. Ob lebensbedrohliche Rhythmusstörungen provozierbar sind, kann bislang nur im Rahmen einer elektrophysiologischen Untersuchung (EPU) festgestellt werden. Dabei wird von der Leiste aus ein hauchdünner Elektrodenkatheter durch ein Blutgefäß bis zum Herzen geschoben. Anschließend wird das Herz stimuliert, um die Rhythmusstörungen genau zu untersuchen. Der digitale Herzzwilling könnte diesen Eingriff überflüssig machen. Er basiert auf einer Künstlichen Intelligenz (KI) und generiert ein dreidimensionales Modell des Herzens. Die KI wird dafür mit MRT-Daten des Herzens sowie den EKG- und Therapiedaten der Patienten trainiert. Dann wird das Herzmodell virtuell stimuliert. „So können wir am Computer untersuchen, wie hoch das Risiko eines plötzlichen Herztods ist“, sagt Deneke.

Eines Tages soll das System auch vorschlagen können, ob beispielsweise ein Defibrillator implantiert oder ob und an welcher Stelle das Narbengewebe verödet werden sollte. Deneke verspricht sich davon effizientere Therapien. „Momentan implantieren wir viele Defibrillatoren, weil dies nach derzeitigem Wissensstand notwendig ist“, sagt der Kardiologe. „Dann jedoch werden sie niemals gebraucht.“ Der digitale Herzzwilling, hofft er, wird noch genauer diejenigen Herzpatienten identifizieren, die wirklich auf den künstlichen Rettungsanker angewiesen sind. Auch zur Überwachung des Therapieerfolgs könnte er genutzt werden.

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