Clinotel-Folgenabschätzung

Hybrid-DRG 2026: Ein Weiter-so ist keine Option

  • Strategie
  • Management
  • 25.07.2025

f&w

Ausgabe 7/2025

Seite 624

Der Clinotel-Krankenhausverbund hat simuliert, wie sich der Hybrid-DRG-Katalog 2026 auf seine Mitgliedshäuser auswirken wird. Dabei zeigt sich: Für einige Krankenhäuser würden erhebliche Risiken entstehen, wenn sie sich nicht umstellen.

Mit dem Hybrid-DRG-Leistungskatalog 2026 vollzieht das deutsche Gesundheitswesen einen weiteren Schritt in Richtung sektorenübergreifender Versorgung. Die Einführung der Hybrid-DRG bringt nicht nur tiefgreifende Veränderungen in der Versorgungslogik mit sich, sondern hat auch erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Planung und Steuerung von Krankenhäusern. Sie stehen vor der Herausforderung, ihre Leistungsstruktur an die neuen Abrechnungsmodalitäten anzupassen, ohne dabei wirtschaftliche Nachteile zu erleiden. Gleichzeitig bieten sich gut aufgestellten Einrichtungen Chancen zur Effizienzsteigerung und Budgetentlastung. Wie sich der Leistungskatalog auf das Jahr 2026 auswirken könnte, hat der Clinotel-Krankenhausverbund für seine Mitgliedshäuser analysiert. Hieraus lassen sich unterschiedliche strategische Handlungsoptionen für Entscheidungsträger ableiten.

Der Hybrid-DRG-Katalog für das Jahr 2026 ist im Rahmen der speziellen sektorengleichen Vergütung gemäß § 115f SGB V geregelt. Die Verantwortung für die jährliche Überprüfung und Erweiterung des Katalogs liegt bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Da sich diese Parteien nicht einigen konnten, wurde der ergänzte Bewertungsausschuss eingeschaltet, der eine Erweiterung des Katalogs beschloss. Der aktualisierte Hybrid-DRG-Katalog 2026 ist am 1. Mai 2025 in Kraft getreten und umfasst nun insgesamt 106 neue Leistungen aus den Bereichen:

  • diagnostische und therapeutische Interventionen an den Herzkranzgefäßen
  • elektrophysiologische Untersuchungen am Herzen inklusive ablativer Maßnahmen
  • operative Maßnahmen mit Herzschrittmachern und Defibrillatoren
  • einfache, laparoskopische Cholezystektomie
  • laparoskopische Appendektomie
  • Hernienchirurgie
  • perkutan-transluminale Gefäßinterventionen
  • Frakturrepositionen

Neben dieser quantitativen Erweiterung der Leistungsbereiche gilt nun zudem, dass auch vollstationär erbrachte Fälle mit einer Verweildauer von bis zu zwei Tagen in den Katalog aufgenommen wurden und somit künftig als Hybrid-DRG anzurechnen sind.

Auswertung von rund 250.000 DRG-Fällen

Der Bereich Data Science des Clinotel-Teams hat die potenziellen Auswirkungen für die 80 Standorte der Clinotel-Mitgliedshäuser simuliert. Hierzu wurden die §21er-Daten KHEntgG der ersten vier Monate des Jahres 2025 ausgewertet. Die rund 250.000 DRG-Fälle wurden zunächst nach Fällen gefiltert, bei denen das Patient Clinical Complexity Level (PCCL) kleiner als 3 und die Verweildauer (VWD) kleiner oder gleich zwei Tage war. Anschließend wurden die bisherigen 2025er-Hybrid-DRG (ein Tag) eingeschlossen. Darüber hinaus entstand so eine weitere Gruppe mit 2025er-Fällen mit zwei Tagen Verweildauer. Danach wurden die 2026er-DRG und entsprechende OPS gefiltert, um die zusätzlichen potenziellen Hybrid-DRG zu identifizieren.

Zur Berechnung der Auswirkungen durch die Änderungen ab 2026 auf die Erlöse wurde für die neuen Hybrid-DRG die folgende Formel verwendet: Vergütung = (1–0,28) x (Bewertungsrelation – Abschlag Untergrenze VWD) x Bundesbasisfallwert. Dies entspricht den Erfahrungswerten der bisherigen Abzüge bei den Hybrid-DRG.

Große Unterschiede zwischen Mitgliedshäusern

Im § 115f (2) Satz 2 SGB V ist als Ziel für das Jahr 2026 ein Wert von mindestens einer Million Hybrid-DRG-Fälle festgelegt. Das sind rund sechs Prozent aller vollstationären Krankenhausfälle in Deutschland. Bis zum Jahr 2030 soll sich dieser Wert auf zwei Millionen Fälle, das heißt rund zwölf Prozent, verdoppeln. Mit dem Katalog 2026 wird der Zielwert von sechs Prozent für die Clinotel-Mitgliedshäuser insgesamt überschritten. Abbildung 1 zeigt die prozentualen Anteile der Hybrid-DRG an allen DRG für die einzelnen Mitgliedshäuser – bezogen auf den aktuellen Katalog und die erwarteten Änderungen ab 2026. Demnach sind insgesamt 7,5 Prozent (3,3 Prozent aktuell und 4,2 Prozent ab 2026) der DRG als Hybrid-DRG zu erwarten. Damit liegen die Clinotel-Mitgliedshäuser 25 Prozent über dem Zielwert. Die Werte schwanken zwischen 0 Prozent (geriatrische Fachklinik) und rund 16 Prozent (Grundversorger mit hohem kardiologischen Anteil).

Der Erlösanteil der Hybrid-DRG am Gesamtbudget schwankt zwischen 0 und 10 Prozent (Abb. 2) und liegt im Verbund-Durchschnitt bei 4,2 Prozent.

Für die Mitgliedshäuser ist besonders interessant, welche Erlösrisiken sich aus den Änderungen für das Jahr 2026 ergeben. Diese Auswirkungen hat Clinotel simuliert, und auch hierbei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedshäusern. Während die geriatrische Fachklinik keine Einbußen bei den Erlösen verzeichnet, muss das am stärksten betroffene Krankenhaus mit einem Erlösrückgang von 4,5 Prozent rechnen (Abb. 3). Für den gesamten Verbund liegt der Wert bei 1,6 Prozent.

Eine der größten Überraschungen und zugleich einer der zentralen Kritikpunkte am Hybrid-DRG-Katalog 2026 ist die Einbeziehung der 2-Tages-Fälle. Abbildung 4 zeigt, wie hoch der Anteil der 2-Tages-Fälle an den einzelnen DRG ist. Bei der DRG H08C (laparoskopische Entfernung der Gallenblase) liegt der Anteil bei über 90 Prozent. Vor allem bei dieser sehr häufigen DRG müssen die klinischen Prozesse und das perioperative Schmerzmanagement erheblich weiterentwickelt werden, damit sie in einem ambulanten Setting wirtschaftlich erbracht werden können.

Ausgliedern der Hybrid-DRG bietet Chancen

Zusätzlich zu den Erlösverlusten im Jahr 2025 lassen die Ergebnisse der Simulation für den gesamten Clinotel-Verbund für das Jahr 2026 somit weitere Erlösverluste von durchschnittlich 1,6 Prozent erwarten. Je nach Leistungsspektrum und bereits umgesetzter Ambulantisierung sind die Häuser unterschiedlich stark betroffen.

Aus der Perspektive des Krankenhausmanagements lassen sich nun zwei Szenarien für die Behandlung von Hybrid-DRG-Patient:innen betrachten. Im ersten Szenario werden diese Patient:innen weiter wie bisher im vollstationären Setting behandelt. Die Erlösverluste würden in voller Höhe zu Buche schlagen und das Jahresergebnis entsprechend verschlechtern. Angesichts der bereits bestehenden finanziellen Anspannung würden tatsächlich für einige Krankenhäuser erhebliche Risiken entstehen.

Im zweiten Szenario werden Hybrid-DRG-Patient:innen so weit wie möglich im ambulanten Setting behandelt – zum Beispiel im krankenhauseigenen, bestenfalls separaten AOP-Zentrum. Hier bestünde die Möglichkeit, dass Erlösverluste durch günstigere Kostenstrukturen im ambulanten Setting kompensiert werden. Dies setzt allerdings einen mindestens kostendeckenden Betrieb des AOP-Zentrums voraus. Das ist nicht ganz einfach, aber machbar. Eine weitere Option ist die Ausgliederung an kooperierende niedergelassene Ärzte, sofern Interessenten vorhanden sind. Alle Varianten setzen allerdings voraus, dass die Kostenstrukturen im stationären Bereich dem Leistungsrückgang entsprechend angepasst werden. Dabei muss man die Strukturanforderungen für Leistungsgruppen und die ärztliche Weiterbildung stets im Auge behalten.

Falls es im stationären Bereich Wachstumspotenzial gibt, bietet das Ausgliedern der Hybrid-DRG durch das „Freimachen“ von Kapazitäten im stationären OP-Bereich und auf den Stationen weitere Chancen für eine zukunftsorientierte Entwicklung. Zugegebenermaßen sind das alles große Herausforderungen. Angesichts der finanziellen Risiken eines „Weiterso“ ist es jedoch alternativlos, sich diesen Herausforderungen zu stellen.

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