Kürzlich postulierte der Vorstandsvorsitzende eines norddeutschen Universitätsklinikums in einer Podiumsdiskussion apodiktisch, er halte nichts davon, wenn Computerprogramme Ärzten ihre Arbeit erklärten. Mal abgesehen davon, dass es für manche Patienten nicht schlecht wäre, wenn die sie behandelnden Mediziner mit Hilfe intelligenter Software auf den neuesten Stand der ärztlichen Kunst gebracht würden, offenbart aber die zitierte Aussage ein grundlegendes Missverständnis.
Wer sagt denn, dass in 10 Jahren die heute von Ärzten erledigten Arbeiten immer noch ihnen vorbehalten sein werden? Gleiches gilt für Krankenschwestern, Kaufleute, Techniker und viele andere. In der Industriellen Revolution haben elektrische Webstühle die erfahrenen Handwerker aus der Produktion fast vollständig verbannt. Viele weitere althergebrachte Berufe sind ebenfalls von der Bildfläche verschwunden oder haben sich neuen Inhalten zugewandt.
Die soeben erst begonnene Digitalisierung wird unsere Gesellschaft noch viel radikaler umkrempeln und auch die Medizin „vom Kopf auf die Füße stellen". Von einer disruptiven Entwicklung zu sprechen, fällt deshalb inzwischen vielen Menschen nicht mehr schwer. Die damit verbundenen Konsequenzen zu akzeptieren, aber doch. Das Undenkbare zu denken, ist eben nicht einfach. Aber es wird trotzdem eintreten und zudem enorme Chancen für die Zukunft eröffnen. Denn, wenn uns der Arbeitsmarkt demnächst immer weniger Ärzte und Krankenpflegekräfte beschert, werden wir die neuen technischen Möglichkeiten dringend benötigen.
Die wenigen Fachexperten können sich dann auf das Wesentliche konzentrieren und werden nicht weiter im „Improvisationstheater" unseres tradierten Gesundheitssystems „verplempert". Tatkräftig die Zukunft zu gestalten ist somit die Aufgabe der Führungskräfte. Wer genug Mut und Fantasie hat, sollte sich umgehend auf den Weg machen. Die anderen werden den Webern folgen.