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Augurzky: "In so einer Situation wird immer viel improvisiert"

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Augurzky: "In so einer Situation wird immer viel improvisiert"

Die Wirtschaft fährt runter, das Gesundheitswesen hoch: Auf dem <link internal-link>Virtuellen DRG-Forum erklärt Gesundheitsökonom Professor Boris Augurzky, welche Lehren sich jetzt schon aus der Krise ziehen lassen.

In der Corona-Krise haben Lieferengpässe sowohl bei der Politik als auch in der Bevölkerung Besorgnis ausgelöst. Minister Jens Spahn reagierte mit Exportbeschränkungen, die er dann wieder lockerte. Außerdem griffen sowohl der Bund als auch die Bundesländer aktiv ins Wirtschaftsgeschehen ein, indem sie selbst Medizinprodukte wie Schutzmasken oder Beatmungsgeräte orderten. Für Boris Augurzky vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) ergibt sich aus den Engpässen vor allem eines: "Wir müssen für die Zukunft klären, dass wir nicht nur von einem Lieferanten abhängig sind. Diese Diskussion haben wir aber schon vor der Pandemie geführt.“ Gemeint sind beispielsweise die Rabattverträge für Pharmaprodukte, bei denen im Bieterprozess in der Regel ein Anbieter gewinnt. "Hier müssen wir sicherstellen, dass es zukünftig mehrere Zulieferer gibt“, so Augurzky.

Die Kritik am Föderalismus, der schnelle Entscheidungen in der Corona-Krise verhindert habe, lässt Augurzky nur teilweise gelten. "Föderalismus hin oder her – in so einer Situation wird immer viel improvisiert. Man hat aber gemerkt, dass Bund und Länder an einem Strang ziehen.“ Richtig sei zwar, dass wir "einige Schleifen mehr gedreht haben als andere“, dafür habe das föderale System in anderen Bereichen Vorteile. Unterm Strich müsse für solche Krisen klargestellt werden, das die Verantwortung für grundlegende Entscheidungen beim Bund konzentriert würde.

Wichtig bei solch global-viralen Ereignissen sei zweifelsohne, dass man schnell reagiere. Dabei könnten nicht nur Viren, sondern auch Bakterien für ein Gesundheitssystem zum großen Problem werden, bemerkte Augurzky. Der Wissenschaftler verwies auf die zunehmenden Antibiotika-Resistenzen. "Hier brauchen wir mehr Know-how und bessere internationale Zusammenarbeit.“ Dafür wiederum sei die Digitalisierung essentiell. Eine Folge der Krise dürfe laut Augurzky nicht nur sein, "dass wir mehr Konferenzen digital durchführen“, sondern der digitale Datenaustausch generell müsse auf ein neues Level. Die Elektronische Patientenakte und die Telematikinfrastruktur seien der erste richtige Schritt. Wie viel Potenzial noch in der Digitalisierung liege, zeigt laut Augurzky aber auch der Corona-Ausbruch deutlich: Könnte man all die relevanten Daten über infizierte, geheilte, oder immunisierte Menschen zeitnah über eine (internationale) Plattform austauschen, so wäre das ein echter Zeitgewinn.

Augurzky ist ein Verfechter der Strukturreform, sprich der Reduzierung von Krankenhausstandorten. Diese Reform der Krankenhauslandschaft habe durch Corona nicht an Relevanz eingebüßt, bekräftigt Augurzky. Die Idee sei es, die Krankenhauslandschaft zu zentralisieren und die Ambulantisierung der Versorgung zu forcieren. An diesem Ziel, so Augurzky, müsse sich nichts ändern. "Das heißt ja nicht, dass wir weniger Intensivbetten brauchen. Ich denke auch, dass Dänemark, als Beispiel für ein sehr zentralisiertes Gesundheitssystem, nicht schlechter durch die Krise kommt als wir.“ Im Gegenteil: Zentralisierung könne auch in der Krise ein Vorteil sein, etwa wenn es darum geht, welches Krankenhaus in einer Region die Steuerung übernimmt. Klar ist für Augurzky, dass Vorhalteleistungen besser finanziert werden müssten. Auf die Frage von f&w-Chefredakteur Florian Albert, wie die Finanzierung zukünftig aussehen könnte, verwies Augurzky, der auch der privaten Münch Stiftung vorsteht, auf Regionalbudgets – auch Capitation oder Populationsmodelle genannt. Das sei auf dem Land einfacher umzusetzen als in Städten – in jedem Fall müsse aber ein Plan existieren, welche Ressourcen eine Region vorhalten müsse.

Autor

 Jens Mau

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